Hallo zusammen,
vielleicht kennt der eine oder andere der "Alten" noch die Geschichten von Oskar und Fridolin. Oskar war ein Schnauzer pfeffersalz, Fridolin ein Zwergschnauzer ss und sie wohnten bei der Familie Rieger. Angela Rieger hat in den 80er Jahren ein kleines Buch geschrieben mit Anekdoten über ihre beiden Hunde. Eine davon möchte ich mit euch teilen. Sie heißt Advent.
Die Advents- und Weihnachtszeit beginnt diesmal nicht mit feierlichem Glockengeläut, sondern mit einem Mordskrach um Mitternacht. Und der hat folgende Ursache:
Die ursprünglich für einen Blumen- und Pflanzenflor vorgesehene breite Fensterbank im Wohnraum hat die Hausfrau zwar ungern, aber Oskar zuliebe dennoch längst geräumt. Nur noch ein Paar schwere Steine, von Reisen in ferne Länder mit gebracht, liegen dort, massiv und wuchtig.
Schuld an diesem Zustand ist, wie schon erwähnt Oskar, denn von hier aus beobachtet er , wenn die Balkontüre geschlossen ist, seinen Erzfeind, Nachfolger von Mohrchen Wagner, den Kater Ludus. Wütend verbellt er ihn, indem er gleichzeitig wie ein Löwe die Fensterbank auf und ab trabt.
Zu oft waren blühende Pflanzen seinem Zorn zum Opfer gefallen, so dass die Hausfrau schließlich resignierte und das Feld räumte. In der Adventszeit nun hat sie die von allen geliebte Weihnachtskrippe dort trotzdem in einem Eckchen gut sichtbar aufgebaut, die schweren Steine zum Schutz davor und daneben gelegt und gehofft, dass Oskar gnädig sein möge.
Er ist es nicht!
In der Nacht zum ersten Advent wird die Familie samt Hunden durch wütendes Katzengeschrei aus tiefem Schlaf gerissen. Auf dem Garagendach kauern zwei Kater, gut sichtbar bei hellem Mondlicht und schreien ihre Kampfansage in die Stille der Nacht.
Oskar ist außer sich. Ein Trommelwirbel seiner Vorderpfoten schmettert gegen die Scheibe der Balkontür. Fridolin tanzt vor Begeisterung auf den Hinterbeinen einen Kriegstanz und bellt verzückt mit weit zurück geworfenem Kopf, verstummt aber ziemlich plötzlich, als Oskar ihn mit voller Wucht einfach überrollt. Offensichtlich ist er der Meinung, dass Katzenbekämpfung keine Angelegenheit für "Halbwüchsige" ist.
Und so hockt der Kleine neben der Hausfrau, die wie er völlig hilflos ist bei dem rasenden Zorn, der den Großen erfasst hat. Die Kater haben sich inzwischen getrennt, und plötzlich steht Oskars Feind auf der Terrasse.
Da er genau weiß, dass der Hund nicht zu ihm kann, faucht er mit weit aufgerissenem Rachen. Der dicke, rot weiß geringelte Pelz sträubt sich auf dem aufgetürmten Buckel, und die grünen Augen funkeln boshaft durch die Glasscheibe.
Mit einem Satz ist Oskar auf der Fensterbank. Die schweren Steine fliegen zur Seite und stürzen polternd zu Boden. Einer von ihnen reißt den Josef mit, der bei dem Sturz seinen linken Fuß und ein Stück seines Heiligenscheins einbüßt.
Von dem Lärm ernüchtert, springt Oskar herunter. Auch der Kater verschwindet mit einem Satz hinter der Hecke. Fridolin kauert erschrocken am Boden, und während Oskar nach getaner Arbeit in seinem Korb verschwindet, wartet der Kleine getreulich, bis noch in dieser Nacht ein erhöhter Platz für die Krippe gefunden ist, wo sie mit dem durch seine Verletzungen sehr menschlich wirkenden Josef sicher ist vor Oskars gewaltigem Zorn.
Die Hausfrau aber wird niemals wieder auch nur ein Eckchen von Oskars Fensterbank für sich beanspruchen!