Hallo Jens,
es ist immer schwer, ja fast unmöglich, einem Fremden die für ihn passenden Tipps zu geben. Da spielen Dinge wie zB. wie ist die Wohnung aufgeteilt, wo liegt schläft und frisst der Hund, wie ist euer Ablauf beim Weggehen oder Zurückkommen usw. usw. eine enorme Rolle.
Es kann beides sein, Unsicherheit oder erkennen der eigenen Möglichkeiten (ich beeindrucke, verjage mit meinem Gebell)
Dann, und das wird oft aus solchen Wohnssituationen (Mehfamilienhaus) wie die eure beschrieben, die "Angst" der Hund belästigt die Nachbarn. Man will ja keinen Zoff....
Das wiederum versetzt den Menschen bei jedem Geräusch im Flur, beim Türläuten, bei Begenungen im oder vorm Haus schon so in Nervosität, die der Hund im "millionstel" spürt.
Hier öffent und schließt sich dann ein Kreislauf. Dass der Hund glaubt, aufgrund eurer Unsicherheit, Angst, Nervosität, es sei etwas komisch und reagiert auf seine Art mit/für euch.
Dann kommt ein Nein etc. und der Hund versteht nur: Siehste, jetzt kläfft Herrchen auch mit, da ist ja tatsächlich was, was wir verjagen/beeindrucken müssen.
Dazu kommt, dass ein energisches Zurechtweisen hauptsächlich auch sehr laut geschehen sollte. Das wiederum verkneift man sich, weil es die Nachbarn hören und ja nicht denken sollen, man hat den Hund nicht im Griff oder sowas
wie, "ohgottogott, jetzt bellt der Hund und das Herrchen gröhlt nun auch noch immer dazu..." Davon müsst ihr euch befreien.
Ein Ansatz, ohne eure ganze Umgebung und euch zu kennen, wäre:
Übt das!
Informiert zuerst eure Nachbarn, redet mit ihnen, dass euch das Gebell selber unangenehm ist und ihr jetzt ein paar Wochen üben werdet. Dass es evtl. dadurch auch mal noch lauter werden kann, ihr es aber macht, damit nachher alle etwas davon haben.
Ich denke, du wirst erstaunt sein, wie kooperativ und verständnisvoll die dann sind. UND sie wissen dann auch, dass ihr etwas dagegen tut! Und das hat mehr Akzeptanz als ewige Vermutungen, was bei euch los ist oder nicht stimmt mit eurem Hund.
Dann müssen halt Freunde euch helfen, durch den Flur gehen, mal Klingeln, auch mal an die Wohnungstüre klopfen, sich im Hausflur unterhalten. Allso Alltagssituationen nachstellen. Immer mal wieder.
Die Box ist zwar der Platz wo der Hund liegen soll und ruhig bleiben, aber darf niemals zum Strafplatz werden! Also nicht als Rote Karte benutzen!
Entscheidend ist eure Stimme und eure Körpersprache.
Eure Reaktion, euer Verhalten ist die Rote Karte!
Lehnt euch gegen euren Hund auf, motzt ihn an (nicht an die Nachbarn denken in solchen Momenten
) und wenn der Postbote oder Handwerker eben 5 Minuten warten muss. Ruft ihm durch die Haus/Wohnungstür zu, dass ihr erst euren Hund "beruhigen" müsst. Dann widmet ihr euch nur dem Hund. Zeigt ihm seine Grenzen. Ein scharfes Kommando (vielleicht ein anderes, energischeres als "Nein"), den Hund mit dem eigenen Körper blocken, wegdrängen (kannst dazu mal etwas über die "T-Stellung "lesen, welche Hunde untereinader machen um zu zeigen wer grad das Sagen hat)
Gehst du Richtung Tür und sie bellt wieder, Kehrtwende, Hund wieder zurechtweisen usw usw. Das ist anfangs nervenaufreibend und immer schwingt eine Art "Peinlichkeit" mit. Bei uns (Glastür) konnte jeder sehen was oder wie ich grad meinen Hund minutenlang zurechtwies. Hab auch oft gedacht " was die wohl von mir denken?"... Pfffft, der Erfolg gibt mir Recht. All das hat sich gelohnt. Mittlerweile kann ich sie mit einem knackigen "Zurück" wegschicken und ICH bin an der Tür, nicht der Hund.
Wir haben auch das in die Seite knuffen in der Hundeschule gezeigt bekommen.... forget it
Das benutze ich nur in Situationen wo sie mich wieder wahrnehmen soll. In Stresssituationen den Hund damit rauszuholen, runterzubringen oder zum Aufhören zu bewegen ist Quark. Man kann zwar einen "Schreck" erzeugen, muss aber so blitzschnell eine geeignete Reaktion parat haben um den Hund wieder zu sich UND aus seinem Verhalten zu holen. Das wiederum setzt voraus, man hat eine "Ablenkung" bereits gut antrainiert und die funktioniert dann auch.
Ich selbst bin in vielen Situationen VOR meinen Hund gegangen, habe mich hingestellt und in die Gegend geguckt, mich dann umgedreht meinen Hund getätschelt, gesagt "is gut" und bin seelenruhig weiter oder wieder rein oder umgedreht.
Das hat in der Summe ganz gut geholfen. Es gibt aber immer auch Situationen, da geht meine Riva ab wie Schmidts-Katze. Am Zaun, wenn bestimmte Menschen vorbeigehen oder fahren. Das macht sie auch wenn ich direkt neben ihr stehe. No Chance
Dann gibts Mecker. Ich weiß dass sie es irgendwann sein lassen wird und solange muss ICH es aushalten- aushalten und immer wieder konsequent ihr zeigen, dass dieses Verhalten nicht okay ist.
Und ja, ich weiß wie schwer es ist in einem Mehrfamilienhaus. Da müsst ihr drüber stehen (können).
"Der Hund ist noch jung und wir üben das gerade. " Das ist ein guter Satz den ihr sagen könnt, der euch ein wenig das schlechte Gewissen wegen der Nachbarn nimmt und hoffentlich auch Verständnis bei denen hervorruft.
Aber wie anfangs gesagt, manchmal sind es die kleinen Dinge, die man bei sich selbst übersieht. Das fängt beim Liegeplatz des Hundes an (hat er immer die Tür im Auge, bewacht er die Wohnung quasi) und geht über so viele Dinge mehr. Wer geht zur Tür, wie geht man zur Tür, Begrüßungsbohei wenn Freunde kommen unterscheiden sich ja von formellen Begrüßungen zu einem Handwerker zB. Wie begrüßen Freunde euren Hund, wie Fremde? Wann begrüßen sie ihn usw. usw.
Was darf der Hund bei euch im Haushalt noch, was ihn vllt glauben lässt er sei der Chef wenn es um die Wohnung, das Haus geht ....
Beobachtet euch selbst. Wenn man selbstkritisch genug ist, wird man erkennen woran es liegt.
Und als Trost und Mutmachspruch:
Durchatmen, Durchsetzen, Durchhalten!
Ein Hund muss, soll und darf bellen! Habt nicht den Anspruch ihn im Haus völlig ruhig zu bekommen. Das geht allein schon nicht, weil Hunde ein Gespür für böse Menschen und Situationen haben. Habt immer im Hinterkopf, dass wenn ein Einbrecher bei euch im Haus ist, ihr wahrlich froh sein werdet, DASS euer Hund angeschlagen hat! SO muss man die Sache sehen...
LG Bianca