Was mich immer ein wenig traurig stimmt und an den Rande der Verzweiflung bringen lässt, ist die Entwicklung Emilys.
Lösen wir einerseits ein Problem, tun sich anderswo neue Probleme auf.
Emilys Probleme sind:
-enormer Jagdtrieb
-ziehen an der Leine
-beachtet uns nicht, wenn wir draußen sind
-keifen an der Leine, wenn sie andere Hunde sieht
Als wir sie bekommen haben, hatte sie diese Probleme schon.
Das war mir von vornherein klar. Da dachte ich noch, mit Liebe, Training und artgerechter Auslastung würden die sich geben.
Wir sind von Anfang an jeden Tag eine große Runde von 1,5h mit ihr gelaufen, einmal am Tag wohlgemerkt. Die dann an der Schleppe. Wir haben von Tag 1 immer das Abrufen an der Schleppe trainiert, in der Wohnung haben wir auch ganz viel abgerufen und mit super duper Wienerle gelobt.
Das Abrufen klappt mal besser mal schlechter, auch je nach Phase. Wir haben Wochen, da musst du nur Pfeifen und sie kommt. Dann gibt es Tage (wirklich nur Tage), an denen sie mir förmlich die Mittelkralle zeigt. Aber das ist okay, dann bleibt sie auch im Hof an der Schleppe und es wird wieder vermehrt geübt. Heute hätte ich sie knutschen können, denn sobald ich gerufen habe, kam sie grinsend zu mir geflogen.
Als wir sie bekommen haben, lief sie nicht auf allen vier Pfoten. Nein. Sondern sie lief ausschließlich sich strangulierend auf den Hinterpfoten!
Nach tagelangem Kampf hatte sie gelernt, das sie zwar ziehen darf, aber auf den Hinterbeinen laufen muss.
Das Gezerre übte ich ihr, mit dem ersten Hundetrainer, indem ich mich immer umdrehte, wenn sie zog. Sie durfte bis zum Feld am Geschirr ziehen und im Feld kam sie dann ans HB und immer wenn sie zog, sollte ich an der Leine zubbeln und mich umdrehen. Und mich erst dann wieder in die angestrebte Richtung drehen, wenn sie mich anschaut.
Das klappte auch recht gut. Es gab gute Tage, da lief sie mehrere Minuten am Stück nicht ziehend an der Leine.
Das Training bereitete ihr aber sichtlich Stress, weswegen ich nie so lange übte, wie der Trainer wollte. Zum Abschluss der Übung sollte ich Emily absitzen lassen und erst dann weiter laufen, damit sie ein Erfolgserlebnis hatte (denn Sitz hat sie relativ schnell gelernt).
Irgendwann kam dann mein Vermittlungshund zurück.
Ein Kläffer, Beißer und einfach ein nervenzehrender Hund. Für mich war klar, der Hund kommt wieder zu uns, habe ich doch 1,5 Jahre Nichts von ihm gehört.
Doch leider entpuppten sich alle Eigenschaften, die die Vorbesitzerin über den Hund an uns weiter gab, als Schwindel. Der Hund war vom Verhalten her genauso wie zur Anfangszeit, als er vermittelt wurde. Er bellte pausenlos. Permanent und wegen jedem Pups. Das war auch der Grund, warum er wieder zurück musste.
Er fand unsere Kinder toll. Zwickte sie aber jedesmal, wenn sie ihm seiner Meinung nach zu hektisch waren. Zudem akzeptierte er keinen Besuch, zwickte und kläffte um sich. Alleine bleiben konnte er auch nicht mehr. Immer, wenn ein Teil von uns weg war und wieder kam, sprang er uns an, zwickte um sich. Rannte die Kinder um und zwickte.
Wir holten den Trainer dazu, empfahl uns Methoden, die wir zwar einsetzten, die aber meinem Freund zuwider waren.
Wir holten dann die neue Trainerin und sie wollte uns helfen.
Wir trainierten also mit zwei Hunden parallel.
Ich alleine. Mussten mit den Hunden getrennt gehen. Ich war nervlich fertig, ob der Kläfferei vom Vermittlungshund.
Emily schaute sich allerlei Macken ab. Und ich bin mir sicher, in der Zeit fing sie auch an, unsere Führungskraft in Frage zu stellen. Ich war nervlich fertig, reagierte öfter launisch, hektisch und genervt. Der Vermittlungshund bellte, wenn er Leute im Treppenhaus hörte, wenn es klingelte hörte er nicht mehr auf, wenn Besuch ins Haus stand kriegte er sich nicht mehr ein, wenn ich das Aleine bleiben üben wollte, sprang er an die Tür und kläffte und kläffte und kläffte.
Den Geburtstag von meinem Sohn musste er, ob der vielen fremden Besucher, im Zwinger verharren. Ich hatte 10 Kinder hier und brauchte meinen Freund als Aufpasser. Emily rannte sorglos inmitten der Kinder rum und freute sich über gefallenes Essen.
Als er einen Freund meines Sohnes beißen wollte, hatte ich einen Schlussstrich gezogen und der Hund zog aus. Meine Trainerin wurde vorher natürlich um Rat gefragt und sie sagte, eine Vermittlung wäre für den Hund ratsam. Er wurde also in alle möglichen Anzeigenseiten eingestellt, mit unserem ansässigen TH wurde gesprochen und er auf die Website gestellt. Nach diesem Fast Beißvorfall brachte mein Freund ihn auf mein Drängen ins Tierheim. Wir beschönigten Nichts und wir waren erleichtert, als mein Freund ohne Hund wiederkam.
Emily schlief das gesamte Wochenende völlig fertig auf ihren Decken.
Wir übten nun also mit einem Hund weiter. Emily behielt leider viele Macken zurück. Sie kläffte. Und kläffte. Wie der Vermittlungshund wegen jedem Pups.
Inzwischen ist es besser geworden. Sie kläfft noch immer, aber um 100% weniger als zuvor.
Sie zeigt sich in der Wohnung weiterhin sichtlich entspannt.
Draußen zeigt sie weiterhin kein Interesse an uns. Ebenso gleich geblieben ist die Kläfferei, wenn sie Hunde sieht.
Nun zieht sie wieder stark an der Leine, läuft mehr auf den Hinterbeinen, als auf allen Vieren. Am Halsband schafft sie es, meterweise NICHT ziehend zu laufen, dank des Leinentrainings ala Riho. Am Geschirr zieht und zieht sie, ein 8kg Hund kann fürchterlich kräftig sein.
Neu hinzugekommen ist, seit der Vermittlungshund im Tierheim ist und ich aus dem Krankenhaus wieder da bin, eine Unsicherheit gegenüber Fremden in der Wohnung. Auf der Straße geht sie neugierig und aufgeschlossen auf Menschen zu. In der Wohnung zeigt sie Unsicherheit/Ängstlichkeit.
Heute waren wir, im Zuge der besinnlichen Zeit, bei der Verwandtschaft. Die Tante meinen Freundes wollte Baby kucken und die Weihnachtsgeschenke vorbei bringen.
So sehr ich mich über ihr Verhalten gestern gefreut habe (die Katzen durften fressen, ohne das Emily sie fressen wollte), so sehr traurig machte mich ihr heutiges Verhalten.
Sie ging in Beschädigungsabsicht auf die Tante los. Ich hatte sie forsorglich an der Leine behalten. Sie kennt das shcon und störte sie nie. Und dennoch stürmte sie kläffend und Zähne fletschend nach Vorne und schnappte nach der Tante. Die Leine hatte ich aber rechtzeitig in der Hand, sie schnappte cm entfernt in die Luft.
Später hinaus saß die Tante, Emily war ruhig und wollte schauen. Die Tante schaute Emily an, für Emily eine Bedrohung, sie fletschte die Zähne und wollte erneut schnappen, doch ich war, weil ich sie beobachtet hatte und schon reagierte, als ich merkte, sie zieht die Lefzen hoch, schneller. Sie wurde zwar den Besuch über ruhiger, doch als die Tante ging, mein Freund hielt Emily, wollte sie erneut auf sie los gehen. Es ist Nichts passiert.
Aber das stimmt mich fürchterlich traurig, weil Emily bis zum Einzug des Vermittlungshundes alle Menschen liebte. Sie ging freudig erwartend auf Besuch zu, machte ganz wunderbare Fortschritte.
Der Vermittlungshund lebte von Mai bis September bei uns. 5 Monate, in denen wir allesamt einfach nur Stress und stellenweise sogar Angst hatten. Stress der Kläfferei wegen, Angst wegen den Beißattacken des Rüden und Angst, das wir die Wohnung ob der Kläfferei verlieren.
Meine Trainerin sagte wunderbar: Diese 5 verlorenen Monate müssen wir nun Stück für Stück aufarbeiten.
Doch für jedes Loch, das wir stopfen, tut sich ein Neues auf.
Und das macht mich gerade heute fürchterlich traurig. Wie kann ich nach diesem Tag Emily nochmal vertrauen, wenn ich Menschen in der Wohnung habe?
Sie war immer so lieb zu Allen, wollte nur geliebt werden. Und nun?