Hallo Astrid,
VORSICHT wird etwas länger!
Ich denke nicht, dass unsere Rassen die Welt anders sehen als andere Hunde. Ihre REAKTIONEN auf die Welt unterscheiden sich aber bestimmt von denen anderer Rassen oder Mischlinge. Das bedingen halt die spezifischen Eigenschaften, die ihnen angezüchtet wurden. Ein Herdenschutzhund z.B. hat keine Motivation, einen Schlitten zu ziehen wie die nordischen Rassen. Ein Yorkie wird nicht den Drang zur Wasserarbeit haben, wie ein Neufundländer, und ein Bernhardiner wird sich im Alltag nicht so temperamentvoll verhalten und so wachsam sein wie unsere Schnaupis. Aber insgesamt sind es Hunde, die die Welt aus Hundesicht erleben.
Das Verhalten wegen der Körpergröße ist meiner Ansicht nach etwas, was die Menschen in die Hunde hinein interpretieren. Ein kleiner Hund war niemals groß, kennt also den Unterschied überhaupt nicht. Menschen sind erst mal eine lange Zeit klein und wenn sie groß sind, erinnern sie sich daran wie es war, klein zu sein, mit all den persönlichen Schlussfolgerungen und Erfahrungswerten. Manche Menschen sehnen sich nach der Zeit zurück, in der sie klein waren, wenn sie diese Zeit als äußerst angenehm empfunden haben. Andere wollen diese Zeit nie wieder erleben, weil es ihnen in dieser Phase ihres Lebens nicht gut ging oder sie auch nur unangenehme Erinnerungen damit verknüpfen. Sie schlussfolgern für einen kleinen Hund daraus, dass er sich auch nicht wohl fühlen muss, wegen seiner kleinen Statur. Diesen Satz höre ich am häufigsten:"Er muss sich ja auch gegen die Großen wehren und behaupten." Das muss er sicherlich ab und zu, aber nicht, weil er klein ist, sondern weil er einen Konflikt aus Hundesicht austragen will/muss. Den gleichen Konflikt tragen auch große Hunde untereinander aus, aber bei denen macht sich wegen der Größe darüber kein Mensch Gedanken. Das sind Auseinandersetzungen unter Hunden und fertig. Die großen Hunde lässt der Mensch die Welt nach Hundesicht erleben, kleine Hunde werden in eine menschliche Bewertung gesteckt - weil sie klein sind. Für die kleinen Hunde total unverständlich.
Der nächste Satz, den ich immer wieder höre ist:"Der Kleine ist größenwahnsinnig," weil er sich von großen Hunden nichts gefallen lässt oder sogar von sich aus eine Keilerei provoziert. Der ist nicht größenwahnsinnig, der ist ein HUND!!! Seine Größe spielt FÜR IHN überhaupt keine Rolle. Wenn er einen Artgenossen nicht verknusen kann, dann zeigt er ihm das, soll es nach menschlicher Sicht aber nicht, weil er ja so klein ist. Bei zwei großen Hunden käme keiner auf die Idee, sie als größenwahnsinnig zu bezeichnen, wenn sie sich so wie der Kleine verhalten.
Sicher müssen wir Menschen die Größe unserer Hunde in soweit berücksichtigen, dass die Kleinen nicht durch die Körperkraft der Großen verletzt werden - weil die Hunde halt Hunde sind und keine Größenunterschiede machen. In der Natur gibt es diese Größenunterschiede nicht. Es gibt dort gar keine so kleinen Hunde, wie wir sie gezüchtet haben, weil sie dem Überlebenskampf nicht gewachsen wären. Folglich gibt es auch innerhalb eines Rudels, einer Gruppe oder eines Familienverbandes nicht diese Größenunterschiede wie bei den Hunden, die mit uns Menschen zusammen leben.
Wir tun unseren kleinen Hunden aber überhaupt keinen Gefallen, wenn wir sie wie ein wehrloses, der bösen Welt nicht gewachsenes Etwas behandeln. Sie sind richtige Hunde und sollten auch als solche behandelt werden.
Ich kannte eine Familie, die hatte zwei Malis, einen Schäfer und einen ZSss. Die Malis waren Rüden, der Schäfer eine Hündin und der Zwerg auch eine Hündin. Nun ratet mal, wer der Chef der ganzen Bande war - genau, das Zwergenmädchen. Wen die Kleine in dem groooooßen Korb der großen Hunde lag, traute sich keiner der anderen an diesen Korb ran. Die drei Großen standen an der Küchentür, traten von einem Bein aufs andere und "baten" ihre Menschen um Hilfe. Wenn es Futter gab (es wurde im Garten gefüttert), standen die Näpfe in einer Reihe nebeneinander, in einem Abstand von zwei Metern standen die großen Hunde und die Zwergin ging von einem Napf zum anderen, nahm aus jedem einen kleinen Happen und wenn sie damit fertig war, ging ein Blick zu den Großen der das Signal war, dass die nun an ihr Futter durften. Bevor die "Genehmigung" der Kleinen nicht kam, wagte sich keiner der Großen an seinen Futternapf.
Das ist nur EIN Beispiel, welch starke Persönlichkeit kleine Hunde sein können - wenn man sie lässt - und ein sehr guter Beweis dafür, dass die Größe für Hunde überhaupt keine Rolle spielt, sondern sie eine Bewertung des Menschen ist.
Damit mache ich hier erst mal Schluss, es wird sonst zu lang.
Astrid, wenn du deine Frage etwas konkretisieren könntest, würden sicher noch mehr Antworten kommen. Frage einfach aus deinem Alltag mit deinen Hunden heraus.
Grüße von
Rita