Ich will mit diesem Thema nicht von den Menschenschicksalen ablenken, aber wir alle lieben unsere vierbeinigen Freunde und können einfach nachempfinden, wie die Menschen sich fühlten und bis heute leiden, als sie ihre Haustiere zurücklassen mussten. Daher habe ich das als ein anderes Thema genommen. Bei allen Katastrophen sind natürlich Menschen das wichtigste Gut, das geretet werden soll. Aber für Menschen, die ihre Tiere dabei verlieren, ist das auch eine Tragödie, die sie nicht mehr los lässt.
Meine Mutter hat bei vielen Ausstellung eine Frau gesehen, die aber nie ausgestellt hat. Irgendwann sprach meine Mutter sie an, warum sie keine Ausstellung auslässt, obwohl sie keinen Hund ausstellt. Und diese Frau erzählte ihr ihre Geschichte. Sie wurde am 27. April aus einem kleinen Ort, ca. 10 km vom Reaktor entfernt zwangsevakuiert. Man sagte, sie sollte nur das Wichtigste mitnehmen, in 3 Tagen könnte sie wieder nach Hause kommen. Diese Frau war Züchterin und hatte zwei DS, eine Hündin war gerade trächtig. Diese Tiere waren für sie das Wichtigste, was sie mitnehmen wollte, aber sie durfte das nicht... Ihr kleiner Sohn klammerte sich an den beiden, weigerte sich ohne Hunde wegzugehen. Augen ihrer Hunde wird sie nie vergessen, sie fühlte sich wie eine Verräterin..., sie hat nur gehofft, dass sie tatsächlich bald zurück kommt...Die Hunde liefen noch hinter dem Bus, in dem man evakuiert worden ist. In Kiew wollte sie irgendwann wieder einen Welpen kaufen, aber konnte das nicht erfüllen, da sie mehrmals im Jahr ins Krankenhaus muss und nicht mal weiß, wie lange sie noch zu leben hat.
Ich möchte etwas aus dem Buch von Swetlana Alexijewitsch „Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft“ zitieren. S. Alexijewitsch hat mit mehreren Augenzeugen gesprochen und diese Monologe im ihren Buch zusammengefasst. Tiere wurden
Drei Monologe über „wandelnden Staub“ und „sprechende Erde“
Der Vorsitzende der freiwilligen Jäger- und Anglergesellschaft Viktor Werschikowski, und zwei Jäger, Andrej und Wladimir, die ihre Nachnamen nicht nennen wollten.
„Also, das war so... Ich wurde ins Kreiskomitee geladen. Hör zu, Chefjäger, heißt es, in der Zone sind viele Haustiere zurückgeblieben, Katzen, Hunde... Die müssen abgeschossen werden, um Seuchen zu verhüten...“ Tiere wurden als „wandelnder Staub“ bezeichnet.
„Wir fuhren zwei Monate lang durch die Zone... Als wir das erstemal kamen, rannten noch Hunde um die Häuser. Bewachten sie. Warteten auf die Menschen. Sie freuten sich über uns, liefen auf uns zu, folgten der menschlichen Stimme... Wir erschossen sie im Haus, im Stall, im Garten. Schleppten sie auf die Straße und warfen sie auf Lkws. Das war natürlich unangenehm. Sie verstanden nicht, warum wir sie töteten. Es war so leicht... Haustiere... Sie hatten keine Angst vor Waffen, keine Angst vor Menschen. Sie folgten der menschlichen Stimme...“
„... und Hunde ließen sich in den Häusern nieder... Du kommst rein – und einer stürzt sich auf dich... Sie trauten Menschen nicht mehr... Ich komme rein, da liegt eine Hündin mitten in der Stube und um sie herum die Welpen. Hat es mir leid getan? Natürlich war es unangenehm... Eigentlich war es wie im Krieg, wir haben gearbeitet wie Strafkommandos...“
„Wir mussten aus nächster Nähe schießen... Ein kleiner Hund... Ein schwarzer Pudel... Es tut mir heute noch leid. Wir warfen alle auf einen Lastwagen, bis obenhin. Brachten sie zum „Mogilnik“...Um ehrlich zu sein, das war einen ganz gewöhnliche Grube, obwohl man so graben sollte, dass das Grundwasser nicht erreicht wurde, und am Boden sollte Plastikfolie ausgelegt werden. Aber, Sie wissen selbst, keiner hat sich daran gehalten...“
„Wir kippten sie in die Grube, aber dieser kleine Pudel krabbelte wieder heraus. Keiner hatte eine Patrone übrig, um ihn zu erledigen... Keine Patrone... Wir schubsten ihn zurück und schütteten Erde darüber. Er tut mir heute noch leid.“
„Am meisten taten mir die alten Leute leid... Sie kamen ans Auto. „Guck doch mal öfter nach dem Haus, mein Junge.“ Sie gaben uns ihre Schlüssel. Sie wollten uns Geld geben...“Was macht mein Hund?“ Der Hund ist erschossen, das Haus geplündert! Und sie werden nie wieder zurückkehren! Was soll ich ihnen denn sagen? Ich wollte sie nicht anlügen...“