Elbri(9. Mai 2024, 20:07)
Fridschnauz(28. April 2024, 16:53)
BaS(14. April 2024, 13:00)
Theo-retisch(30. März 2024, 16:05)
Ludi70(26. März 2024, 11:08)
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Zwischen der hormonellen Entwicklung von Hündinnen und Rüden gibt es einen zentralen Unterschied: Damit das Ungeborene sich zu einem weiblichen Tier entwickelt, bedarf es keiner vorgeburtlichen Bildung von ovariellen Hormonen. Die Ausprägung des Nervensystems hin zu einem weiblichen Wesen erfolgt sozusagen automatisch ohne Einwirkung von Geschlechtshormonen. Erfolgt kein Testosteronschub, entwickelt sich eine Hündin, erfolgt ein Testosteronschub, entwickelt sich ein Rüde. Nicht der Testosteronschub in der Pubertät gibt also den Anstoß für ihr Verhalten: Entscheidend ist der pränatale Hormonschub, der für die "Maskulinisierung" des Gehirns verantwortlich ist.
Rüden erhalten noch im Mutterleib und in den ersten Wochen nach der Geburt Ihren "Testosteronschub" der eben individuell unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die vorgeburtliche Testosteronstimulation bedingt die Empfänglichkeit bestimmter Organsysteme für Testosteroneinwirkungen nach Eintritt der Geschlechtsreife. Später einschießendes Testosteron scheint Verhaltensweisen höchstens mit zu aktivieren/intensivieren. Das erklärt nicht nur, warum auch nach der Kastration hormonbedingte Verhaltensweisen wie das typische Urinmarkieren und das Aufreiten bei der Hälfte der Rüden erhalten bleibt. Es erklärt ebenfalls warum auch vorpubertär kastrierte Rüden typische geschlechtsspezifische Verhaltensweisen zeigen können, wie z. B.: Markieren mit erhobenem Hinterlauf, Imponiergehabe gegenüber anderen Rüden, Besteigen, ja sogar Deckakte. (sofern ihr Penis nicht allzu unterentwickelt - sprich klein - geblieben ist.) ( Hart/Hart, 1991). Selbst Rüden, die im Alter von nur 40 Tagen kastriert worden sind, zeigten im Vergleich ihrer Entwicklung ( verfolgt bis zum 8 Lebensmonat) kein anderes Verhalten als ihre unkastrierten Wurfgeschwister. Frühkastration hat keinen Einfluss auf dominantes Verhalten (LeBoeuf, 1970, zit nach Salmeri u.a., 1991b). Lerneffekte über die Zeit hinweg scheinen keinen großen Einfluss zu haben, so konnte Hart (1968, zit. Nach Hart/Eckstein,1997) nachweisen, dass es keinen Unterschied macht, ob Rüden vor ihrer Kastration erlaubt wurde mit Hündinnen zu kopulieren, also Lernerfahrungen zu sammeln oder nicht - es bedarf dazu keiner Übung, von daher bringt eine frühe Kastration auch keine besseren Ergebnisse in beug auf die geschlechtshormongesteuerten Verhaltensweisen.
Die Ergebnisse der Bielefelder Studie bestätigen jene obiger Studien und zeigen zugleich: Negative Verhaltensweisen wie : unsicherer im Verhalten gegenüber Artgenossen, aggressiver gegen gleichgeschlechtliche Hunde und aggressiver gegen Hunde im allgemeinen, ja sogar Aggression gegen Fremde werden häufiger von Haltern solcher Hunde als Folgen beschrieben, welche im Alter unter 6 Monate kastriert worden sind. Hinsichtlich eines “besseren” Verhaltens bringt die frühe Kastration weder beim Rüden noch bei der Hündin Vorteile, sondern eher Nachteile - und sie bringt Nachteile in Bezug auf die körperliche Entwicklung mit sich....
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[H3]Folgen im Verhalten[/H3]
Verhaltensänderungen durch eine Kastration bei Hündinnen:
größere Ausgeglichenheit: 51 %
aktiveres Verhalten: 22 %
lethargisches Verhalten: 15 %
geringere Aggressivität gegen andere Hündinnen: 12 %
erhöhte Aggressivität gegen andere Hündinnen: 9 %
erhöhte Aggressivität gegen andere Hunde allgemein: 11 %
Die größere Ausgeglichenheit, die bei 51% der kastrierten Hündinnen festgestellt wurde hat ihren Grund in der Tatsache, dass die hormonell bedingten Zyklusschwankungen wegfallen. Diese zyklischen Veränderungen und die damit verbundenen Stimmungsschwankungen sind auch den Frauen nicht unbekannt. Allein diese Tatsache sollte allerdings nicht den Ausschlag geben sich für eine Kastration zu entscheiden.
Bei frühkastrierten Hündinnen muss man außerdem mit einer Steigerung des Angstverhaltens rechnen. Diese kann sich in gesteigerter Trennungsangst oder verstärktem Fluchtverhalten äußern.
Hündinnen die während oder kurz nach der Läufigkeit kastriert werden zeigen häufiger Verhaltensveränderungen wie Aggression oder Depression.
Verhaltensänderungen durch eine Kastration bei Rüden:
ausgeglicheneres Verhalten: 63 %
verbesserter Gehorsam: 34 %
verminderte Aggressivität gegen andere Rüden: 34 %
Besteigungsversuche durch andere Rüden: 19 %
lethargisches Verhalten: 13 %
Unsicherheit im Umgang mit anderen Hunden: 7 %
verminderte Aggressivität gegenüber der Familie: 7 %
verminderte Aggressivität gegenüber Fremden: 2 %
Die Verbesserung des Gehorsams lässt sich wohl auch zum Teil darauf zurückführen, dass Situationen in denen der Rüde nicht gehorcht, weil er eine Hündin in der Nase hat durch den reduzierten Geschlechtstrieb weniger häufig auftreten..
Bei Rüden scheinen die Veränderungen im Aggressionsverhalten eine deutliche Altersabhängigkeit zu besitzen: Tiere, die sehr früh kastriert wurden, im Alter von unter 6 Monaten, aber auch Tiere, die bei der Kastration zwischen 6 und 12 Monaten alt waren, zeigen mit größerer Wahrscheinlichkeit erhöhtes Aggressionsverhalten gegenüber anderen Hunden beiderlei Geschlechts oder fallen durch verminderte Ausgeglichenheit auf. Diese Ergebnisse habe ich leider schon häufig in der Praxis bestätigt gesehen. Früh kastrierte Rüden haben häufig mit gleichgeschlechtlichen und mit nicht gleichgeschlechtlichen Artgenossen erhebliche Probleme. Ich habe im Laufe der Jahre bei meiner Arbeit auch immer wieder festgestellt, das früh kastrierte Rüden oft bis ins hohe Alter sehr agil und “zappelig” sind, fast schon hyperaktiv.
In der Bielefelder Studie heißt es:”...Doch berichtete eine große Mehrzahl von größerer Ausgeglichenheit ihres Rüden: 63%. Eine Verminderung eines übermäßig stark ausgeprägten Sexualstriebs konnten Heidelberger/Unselm (1990) bei 95% der Rüden nachweisen. Hopkins u.a. (1976) fanden eine Verminderung des Streunens bei 90%, bei 50% zeigte sich eine verringerte Markieraktivität, bei ca. 60% war eine Verminderung des Besteigens zu verzeichnen, dabei zeigten sich die Verhaltensänderungen bei der Hälfte der Fälle sehr rasch nach der Kastration, bei der anderen Hälfte kam es zu einer allmählichen Veränderung(Hopkins u.a.,1976). Die Autoren verweisen darauf, dass sich eine Abnahme der Markieraktivität nur im Haus, nicht aber im Freien feststellen ließ. Neilson u.a. (1997) fanden bei 50-70% der von ihnen untersuchten Hunde eine um 50-90 prozentige Verminderung der Verhaltensweisen streunen, markieren und besteigen, Heidelberger/Unselm (1990) berichteten von einer Reduktion des Streunens bei 86% der Rüden.....”
Eine Kastration aufgrund von Verhaltensproblemen wird natürlich nur in Bezug auf solche Verhaltensweisen funktionieren, die über Geschlechtshormone beeinflusst werden. Alles was bei einem Rüden sexuell motiviert ist kann, hier liegt die Betonung auf kann, kann mittels Kastration beeinflusst werden. Nur sexuell bedingte Aggressivität kann durch eine Kastration beeinflusst werden, nicht aber Aggressivität, die durch Beutefang-, Revier- oder Dominanzverhalten ausgelöst wird.
Eine Kastration ist kein Allheilmittel für Verhaltensprobleme. Die Auswirkungen sind viel enger begrenzt als gemeinhin angenommen wird. Eine Kastration ersetzt nicht die richtige Sozialisation, Erziehung und verhaltensgerechte Haltung des Hundes.
Im Falle der Hündinnen ist lediglich eindeutig, dass die unmittelbar mit Läufigkeit und Trächtigkeit einhergehenden Verhaltensweisen geschlechtshormonbedingt sind. Aber: Es wird kontrovers diskutiert, ob der Einfluss des weiblichen Hormons Östrogen auf neurophysiologische Mechanismen, die die geschlechtsgebundenen Verhaltensweisen steuern, vergleichbar ist mit dem des männlichen Hormons Testosteron. Eine Kastration der Hündin zwecks Verhaltenstherapie hat nur Sinn bei übersteigert aggressivem Verhalten, das ausschließlich in der Zeit der Läufigkeit der Scheinschwangerschaft auftritt.
Einige Studien weisen auf einen Placeboeffekt hin. Wenn Hundehalter glauben, dass eine bestimmte Maßnahme bestimmte Auswirkungen hat, z. B. dass der Hund danach weniger aggressiv sein soll, dann verhalten sie sich oft anders ihrem Hund gegenüber. Und dieser veränderte Umgang des Halters mit seinem Hund kann dann für die beobachteten Veränderungen verantwortlich gemacht werden - nicht die Trainingsmethode, nicht der Wegfall der Geschlechtshormone hat die Veränderung des Verhaltens verursacht, aber der Halter glaubt daran. Und schließlich sind generell subjektive Wahrnehmungen am Werke.
In Ihrer Abhandlung - Kastration als Lösung von Verhaltensproblemen beim Rüden? schreibt Frau Dr. Christiane Quandt: ”......Grundsätzlich beseitigt bzw. reduziert die Kastration alle Probleme, die aus direkt testosteronabhängigen Verhaltensweisen entstehen. Dazu gehören beim geschlechtsreifen Rüden das Urinmarkieren im Haus, das Streunen auf der Suche nach läufigen Hündinnen, Unruhe, ständiges Jaulen, Futterverweigerung und vermehrte Reizbarkeit, die sich bei Rüden mit starkem Sexualtrieb entwickeln, wenn eine Hündin in der weiteren Nachbarschaft läufig ist; übertriebenes Imponiergehabe und aggressives Konkurrenzverhalten gegenüber anderen Rüden.
Die weit verbreitete Volksmeinung, dass Rüden durch die Kastration ruhiger werden, erweist sich dagegen in der Regel als Ammenmärchen. Zwar neigen kastrierte Rüden durch die veränderte Stoffwechsellage eher zum Fettansatz und ab einem gewissen Übergewicht auch zur Entwicklung eines entsprechenden, kräfteschonenden Phlegmas, aber dieses Problem lässt sich durch vernünftige Fütterung leicht vermeiden.
(Anmerkung von mir: Die Praxis hat, wie im Kapitel körperliche Auswirkungen beschrieben ja gezeigt, dass sich die Gewichtszunahme nicht immer über die Fütterung und Bewegung verhindern lässt).
Die Reduktion des Testosteronspiegels an sich hat keine Auswirkung auf das Temperament, den Bewegungsdrang oder das Lautäußerungsverhalten.
Es ist allgemein bekannt, dass männliche Tiere bei den meisten Tierarten wesentlich aggressiver sind als weibliche. Das gilt auch für den Hund. Trotzdem wird die Aggressionsbereitschaft nach einer Kastration nur bezüglich des sexuellen Konkurrenzverhaltens gegenüber anderen potenten Rüden wesentlich reduziert. Bei Rüden, die aggressives Verhalten gegenüber allen, oder den meisten, anderen Hunden beiderlei Geschlechts oder gegenüber Menschen zeigen, ist durch eine Kastration keine befriedigende Änderung des Problemverhaltens zu erwarten. Bei rangordnungsbezogenen aggressiven Auseinandersetzungen zwischen zwei weitgehend gleichwertigen Rüden in demselben Haushalt, sieht die Geschichte ganz anders aus. Hier ist die Kastration des tendenziell weniger durchsetzungsfähigen Rüden manchmal die einzige Möglichkeit, die Situation zu entschärfen. Aber cave! Kastriert man den falschen Rüden, werden die Auseinandersetzungen noch heftiger. Der Einfachheit halber beide zu entmannen, verbessert die Situation auch nicht. Damit beraubt man sich leicht der letzten Möglichkeit, die Hierarchie zu stabilisieren. Bei ständig wiederkehrenden Kämpfen zwischen Hunden in demselben Haushalt ist der Auslöser (fast) immer der dazugehörige Mensch. Daher ist eine Kastration ohne verhaltenstherapeutische Beratung für die Tierhalter selten erfolgreich....”
In der Bielfelder Kastrationstudie werden Heidelberger und Unshelm ( 1990 ) mit folgender Aussage zitiert:”...aggressives Verhalten beiderlei Geschlechts gegenüber Artgenossen und auch gegen Menschen tritt häufig erst nach einer Kastration auf...”