Hi Emma Piel,
ja, ich meine natürlich nicht Wonnebrummeln, oder Beutebrummen oder Vorwärsbrummen beim Schutzdienst (bei vollem, hartem und ruhigen Griff). Bei vielen Hunden ist ja eine Meile zwischen dem Warnbrummen, dann kommt nochmal ein Brummen und dann lange nix, und das Beißen kommt irgendwann mal - wenn überhaupt. Meine alte Apache grummelte auch, wenn ich sie beim Fressen störte - NIE hätte sie mich gebissen - oder mit Fressen aufgehört. (**) Die war total klar im Kopf. Auch bei Hexer und allen meinen andern Hunden sind/waren das Zeichen der (höchst seltenen) Unmut, nichts weiter. Ich akzeptiere dieses Grummeln auch und sage entweder: 'Naja, hast ja recht, mein Kleiner," oder: "Hilft alles nix, da mußte durch!" was der Hund dann auch tut. Ich grummel ja auch mal, ohne gleich loszuschlagen!
Aber es gibt ja Hunde, die entweder sofort losbeißen, ohne groß zu warnen oder solche, wo Knurren und Beißen fast gleichzeitig kommen. Solche Hunde kriegen von mir eins auf Dach. Aber für mich ist solches Verhalten schon außerhalb des grünen oder gelben Bereiches - dick im Rot. Und die lernen nur, wenn es weh tut oder ihnen der Arsch mit Grundeis geht, daß man sowas nicht darf. Es ist ein Ammenmärchen, das heutzutage gerne von den weichgespülten Trainern vorgebracht wird, daß man Aggression nicht mit Aggression stoppen kann. Absoluter Blödsinn. Wenn der Hund einen Funken klaren Denkens hat, dann begibt er sich nicht wiederholt in (Lebens)gefahr und erkennt die Macht des Stärkeren. Man darf das als Trainer natürlich auch nicht übertreiben, sonst geht der Schuß nach hinten los! Auch solchen Hunden muß die Chance gegeben werden, es richtig zu machen, und dieses Verhalten dann belohnt werden. Das erfordert große Selbstkontrolle seitens des Ausbilders - denn auch bei dem schießt das Adrenalin hoch, wenn er gebissen oder bedroht wird. Aber wütend werden und vor allem wütend
bleiben ist kontraproduktiv. Das Gemütspendel des Ausbilders muß hier ganz schnell von Schatten auf Licht schwingen - auch wenn es nur geschauspielert ist.
Die wirklich Gefährlichen sind bei Hunden, Pferden und Menschen die, denen es egal ist, was mit ihnen geschieht. Ein Pferd, das, um den Reiter loszuwerden, in den Abgrund springt, ist nicht heilbar, ebenso ein Hund, dem alle Sicherungen durchknallen. Wenn das Tier nicht selbst sein Verhalten unter Kontrolle halten kann - wenn auch mit Druck von außen - kann es auch nicht von einem Trainer kontrolliert werden. Solche Tiere sind tickende Zeitbomben, für die Euthanasie die humanste Lösung ist - denn sie leben in einer ewigen Hölle der ständigen Lebensgefahr - und lebenslanges Einsperren ist für mich noch schlimmer.
Es gibt natürlich viele Hunde, die durch unsachgemäße Kinderstube aggressiv gemacht wurden — durch zuviel Strenge
oder durch zuviel Nachsicht — und die in anderen Händen solche Probleme nicht hätten. Aber wenn der Hund erst mal denkt, er kann angreifen, kann man nicht lange nach den Ursachen forschen: Die Lösung ist dann immer dieselbe: Er lernt, daß Angreifen nicht in seinem besten Interesse liegt!
In jüngeren Jahren profitierte ich von dem Ruf, eine der wenigen Ausbilder zu sein, die gefährliche Hunde wieder auf den Pfad der Tugend lenken konnten. Bei den allermeisten klappte das, und sie wurden so vor einem schlimmen Schicksal bewahrt. Spaß macht das nicht. Der physische und psychische Einsatz ist hoch, und zimperlich darf man nicht sein. Trotzdem bin ich nie ernsthaft gebissen worden, und das einzige Mal, wo es genäht werden mußte, beruhte auf meinem eigener Fehler.
Aber wie gesagt, das sind Extremfälle. In der normalen Ausbildung - auch von ungezogenen aufmüpfigen Hunden - hat Schlagen oder physische Gewalt nichts zu suchen.
Vera