Hallo Dagmar,
es gibt in der Hundeerziehung immer wieder Extreme, so auch in der Handhabung der Leine. Das eine Extrem ist das gnadenlose Rucken, bei dem dem Hund alles, was sich im Halsbereich hinten und vorne befindet, gequetscht und geprellt wird und je nach Körperkraft und Größe des Hundes dieser auch noch fliegen lernt und einen Salto macht. Das andere Extrem ist, die Leine überhaupt nicht zu benutzen. Dazwischen liegen viele Möglichkeiten, die Leine - ich sage es mal etwas überspitzt, virtuos (laut Duden meisterhaft, technisch vollkommen) - einzusetzen. Mein persönlicher Ausdruck dafür ist telefonieren. Das setzt natürlich voraus, dass der Hund nicht wie ein Berserker an der Leine zieht und dadurch jedes Gefühl für feine Einwirkungen verliert. Meine Mädels haben das "Telefonieren" mittels Doppelleine gelernt. Der eine Haken hing am Halsband, der andere am Geschirr. Am Geschirr dürfen sie ziehen und Druck machen (allerdings auch nur begrenzt, ich mag keine 2m langen Arme), am Halsband wird nur telefoniert. Diese Art der Leinenführung muss in einem eigenen Thread erklärt werden. Das würde hier zu lang. Ich will damit nur sagen dass ich es für dumm halte wenn jemand erzählt, dass man die Leine bei der Erziehung des Hundes nicht einsetzen darf.
Nun zu den Begegnungen mit anderen Hunden. Da es heutzutage leider sehr viele Hundehalter gibt, die NULL Ahnung davon haben, wie ein Vierbeiner tickt, bin ich bei Hundebegegnungen erst einmal vorsichtig und sammle meine Mädels ein. Außerdem mache ich mir möglichst selbst ein Bild von dem/den anderen Hund/en, soweit das in kurzer Zeit möglich ist. Denn leider wissen viele Hundemenschen nicht, was sie da an der Leine haben. Ist der andere Hund auch an der Leine, bin ich gut dran. Meine Mädels gehorchen und sitzen bei mir, auch wenn der andere Hund verrückt spielt. Läuft der andere Hund frei herum und hat ne Meise, habe ich ein Problem, aber auch das ist ein eigenständiges Thema. Für mich ist zunächst wichtig, dass MEINE Hunde bei mir bleiben, wenn ich das will; und da soll mir kein Trainer erzählen, dass ich den Hund - natürlich je nach Veranlagung - nur mit Leckerli, Spieli und Späßchen haben dazu bekomme. Für die meisten Hunde - vor allen Dingen für junge Hunde - sind Artgenossen viel interessanter als wir Zweibeiner. Gegen diese natürliche Konkurrenz kommen wir kaum an. Vor allen Dingen nicht bei unseren temperamentvollen Rassen. Darum muss das Hundetier lernen zu gehorchen. Diesen Gehorsam kann man natürlich nicht sofort in brenzligen Situationen abfordern, der muss erst einmal "im stillen Kämmerlein" geübt und gefestigt werden. Da muss man die vernünftige Abfolge des Lernens zunächst ohne, und dann mit zunehmender Sicherheit des Hundes mit steigender Belastung, einhalten. Nun habe ich die Kurve zu deinem Problem bekommen
Dein Hund muss erst einmal lernen zu gehorchen, bevor du von ihm so etwas Schweres wie "ruhig an anderen Hunden vorbei gehen" verlangst. Bis du so weit bist wäre es vernünftig, anderen Hunden in möglichst großem Bogen auszuweichen und so wie Sonrisa schreibt, dich zwischen die beiden Hunde zu bringen. Wenn dein Hund allerdings grundsätzlich an der Leine freundlich auf andere Hunde reagiert, dann kannst du ihm, wenn auch der andere Hund freundlich ist, den Kontakt kurz gestatten. Dann solltest DU aber die Länge und Intensität des Kontaktes bestimmen. Die praktische Umsetzung all dessen, was ich nun hier von mir gegeben habe, sollte dir unter Anleitung eines erfahrenen Trainers vermittelt werden. Ein paar Tipps kann ich sicher auch geben, aber die Erziehung der Hundis ist halt eine so komplexe Geschichte, dass das Erklären hier immer droht, in ellenlange Monologe auszuarten.
Grüße von
Rita