abby und frauchen haben vor einem dreiviertel jahr ein kleines paradies entdeckt: ein grünes gelände am südlichen stadtrand von wien mit wäldchen, unterholz, himbeer- und brombeerhag, wilden apfelbäumchen, wiesen, schilf, schönen wegen und schmalen pfaden - und einem riesengroßen teich, im dem karpfen und andere fische schwimmen. im sommer auch menschen und hunde, erlaubtermaßen. das gebiet ist als erholungsgebiet gewidmet und wird naturnah gepflegt - gerade so, wie's angenehm ist, wenn man sich am ufer im schilf niederlassen und dort nicht in einem haufen mist landen will. wir sind dort im winter spazieren gewesen und haben den frühling dort erlebt und genießen auch so manchen heißen sommertag am wienerbergteich. abby ist vielen hunden, die dort herumlaufen, schon bekannt, frauchen viele hundehalter. man begegnet einander, plaudert über die tiere und geht manchmal ein stück weges gemeinsam (bruno, schau oba!). wir kennen dort auch eine schon 10 jahre alte pfeffersalzfarbene zwergschnauzerhündin, die feldhamster fängt und frißt, und so manche spielart von schnauzermix. wir haben dort schon gepicknickt - nicht wahr, conny? - gefrühstückt unter dem brombeerbusch direkt am teichufer und manches kommando trainiert, wir sind fast alle wegelein schon gelaufen und haben immer noch freude an dem ort…
zudem ist dieses kleine paradies schnell und einfach für uns mit der strassenbahn ohne umsteigen zu erreichen: 5 minuten fussweg zur tramway, nach 15 minuten fahrt müssen wir nochmal 5 minuten laufen und schon sind wir dort. zugegeben, eine kleine einschränkung hat das paradies: hunde müssen dort an der leine geführt werden. aber wo kein kläger, da kein richter und so laufen dort fast alle hunde frei herum. abby allerdings wird meistens an der 10-meter-leine geführt, für sie ein gefühl von freiheit, für frauchen ein gefühl der sicherheit. erst vor zwei tagen haben wir einen mann ein stunde lang nach seinem husky otto rufen hören, bevor der endlich auf dem parkplatz gefunden wurde. es gibt allerdings auch eine sehr große eingezäunte hundezone, die freilich abby und frauchen nicht frequentieren, weil dort zu oft schäferhunde und jagdhundartige sind, deren halter vor allem den plausch miteinander, aber weniger die beschäftigung mit ihren hunden pflegen. fürs training ist abby dort zu sehr abgelenkt und einige hunde sind nicht gerade exzellent sozialisiert - sagen wir mal so dazu.
allerdings haben wir das gelände bisher an wochenenden gemieden, d.h. wir sind manchmal am morgen hin, aber nicht am nachmittag. heute hat frauchen am vormittag zu lange gelesen und so den zeitpunkt verpasst, um wie geplant, den kaffee in pressburg / bratsilava zu trinken. der tag aber war endlich kühler als die letzten wochen und so dachte sich frauchen, dass wohl auch nicht so reger betrieb am teich sein würde. es waren viele hunde unterwegs, die meisten, um ein bad zu nehmen. abby schaute aufmerksam zu, wie ein kleiner spanielmix im wasser paddelnd seine runden zog. sie selbst wollte nicht rein. weiter mit der angeleinten abby den see entlang, über die kleinen brücken zu den wiesen im süden - wo allerdings familiäre großlager türkischer familien abby und frauchen stete achtsamkeit abverlangten: keinem gedeckten tisch zu nahe zu kommen, keinem der dutzenden kinderlein im gras, keiner der vermummten frauen ans knie zu springen und auch nicht die österreichischen jugendgruppe zu stören, die sich mit musikinstrumenten vergnügte. also zurück zum teich. an dem platz, an dem es ganz sanft ins wasser reingeht, waren bereits einige hunde und etliche kleinkinder, was frauchen für keine gute ausgangsbasis für abby's erste bad im teich ansah. also rund um den teich zur großen lagerwiese für die badenden. auch dort: familien, gruppen, kinder, hunde. jetzt allerdings kannte frauchen kein pardon mehr und ging mit abby ans ufer. abby kletterte die böschung hinunter in den kies und stapfte ins wasser. nicht weit, nur bis zum knie. das nasse schien ihr zu gefallen. sie schaute vor allem immer wieder zu einem kleinen mädchen hin, das mit einem großen schwimmreifen im seichten herumplantschte. frauchen bemerkte die besorgten blicke der kindesmutter und fragte das mädchen, ob es denn aus dem wasser wolle, weil sie dann den hund zu sich holen würde. "nein", meinte die kleine und fragte nach dem namen des hundes und ob sie ihn streicheln dürfte? frauchen erklärte, dass es ihr lieber sei, wenn sie das nicht täte, auch wenn abby ein freundlicher hund sei. aber sie sei manchmal etwas stürmisch in ihrem spielen. abby hatte sich in den feuchten kies gesetzt, an den die kleinen wellen spülten, sah frauchen an und war sichtlich in einem zwiespalt: sie wäre gern ins wasser hinein und wagte es doch nicht so recht. also zog frauchen sie ein stückchen weiter den nassen kiesstrand entlang, damit sie das gefühl dafür bekäme, im wasser zu laufen. doch abby kletterte raus. frauchen ging mit ihr ein stück weiter, um es an anderer stelle nochmals zu probieren.
und dann sah ich zwei hunde aus dem wasser springen, einer jagte hinter dem anderen her. als der größere, gelbe, amstaff-artige den kleineren, gestromten, pitbull-artigen am kragen erwischte, sah das nicht mehr nach spiel aus. der kleine jaulte auf, bellte verzweifelt, der große packte den kleine im genick und schüttelte ihn hin und her, warf ihn in die luft, allerdings, ohne ihn aus den zähnen zu lassen. die leute standen starr, dann riefen alle hundehalter ihre wie verrückt bellenden hunde zu sich. ich nahm die bellende abby relativ kurz an die leine und ging in richtung auf das hundeknäuel. immer noch tat keiner etwas, die menschen standen wie in einer arena um die hunde. der kleine brüllte wie am spieß, als er am boden aufkam, drehte er sich auf den rücken, bot seine bauchseite und die kehle dar. der große ließ nicht locker. ich wollte hin, um den großen hund am schwanz zu packen und von dem kleinen wegzuziehen. hatten wir das nicht vor kurzem hier diskutiert? da fiel mir ein, dass ich abby an der leine hatte und sie nicht in den schlamassel reinziehen wollte. also brüllte ich den umstehenden zu, sie sollten den großen hund am schwanz wegziehen. aber keiner tat etwas. schließlich sah und hörte ich einen mann, der sich später als der hundehalter des großen, gelben hundes entpuppte, seinen hund anschreien. den kümmerte das nicht, er beutelte weiter den kleinen, der wehrlos in seinem fang hing. der hundehalter des großen, gelben hundes packte seinen hund am kopf und brüllte "aus!". keine reaktion. er schüttelte seinen hund im nacken. keine reaktion. nun brülle ich auch ihm zu, er sollte seinen hund am schwanz packen und wegreißen. abby neben mir ist aufgeregt und bellt und drängt in die richtung des kampfes, der langsam nach einem auf leben und tod aussieht. der mann setzt sich auf seinen, nun seitlich liegenden hund drauf und versucht, ihn dazu zu bewegen, seinen fang zu öffnen. der hund gibt nicht nach. inzwischen versucht der halter des kleinen, seinen hund aus dem maul des großen zu ziehen, zu zerren. ohne erfolg. er tritt nach dem kopf des großen, gelben hundes und wird vom halter dieses hundes angeschrien, er würde ihn umbringen, wenn er seinem hund etwas zuleide täte und sein hund würde dadurch nur noch bestärkt, die beute nicht loszulassen. irgendein mann nimmt schließlich den griff einer flexileine und drückt damit seitwärts auf das maul des großen gelben hundes - so lange, bis der endlich den fang öffnet und man den kleinen wegziehen kann. der schreit unaufhörlich, ist in panik, zappelt.
das paar, dem der kleine pitbull-artige hund gehört, trägt seinen hund ein stück abseits, um zu sehen, was ihm passiert sei. ich gehe zu ihnen und biete an, die tierrettung zu rufen, deren telefonnummer ich im handy eingespeichert habe. sie sagen, sie würden ohnehin sofort mit dem hund zu ihrem tierarzt gehen.
Ich bin aufgeregt und koche vor wut auf die vielen gaffer, die nichts taten, um die hunde zu trennen, auf den hundehalter, der seinen hund nicht im griff hatte. ich bin auch zornig, dass ich selbst nichts tun konnte, weil ich meinen eigenen hund nicht in gefahr bringen wollte. und dann schaue ich mich um nach dem halter des gelben hundes und sehe ihn nicht. "wo ist denn nun der mann mit dem anderen hund hin?" rufe ich fragend in die runde. "der soll doch wenigstens die tierarztkosten bezahlen, der vollkoffer" schimpfe ich - politically not correct, nicht ein bisschen.
"wer? i???" schreit einer neben mir auf. und da hockt der andere hundehalter auf dem boden, seinen hund am kettenhalsband zu boden drückend, der hund schaut völlig verwirrt drein und ist noch immer unangeleint, noch immer ohne maulkorb. "die woarn beide ohne leine!" verteidigt sein herrl sich. "aber ihr hund hat den anderen angegriffen." gebe ich zurück. da beginnt sich seine clique um ihn zu sammeln - vier jüngere männer und ein, zwei frauen dabei. "hoits maul!", heißt mich einer, "du mit dein flocki! wann i eich derwisch, seid's beide im wossa! schleich di!" wieder einmal bedauere ich, in meiner kinder- und jugendzeit keine schimpfwörter gelernt zu haben - blöde bobo-erziehung, und verbitte mir nur die drohungen. und bekomme noch eine drohung in den rücken geschrien. denn ja, ich gestehe es, ich habe mich auf den rückweg gemacht. zuerst wollte ich noch die polizei verständigen, dann überlegte ich, dass die mindestens 20 minuten brauchen würden, um zu kommen. und keiner der umstehenden schien den mut zu haben, sich's mit den haltern des großen, gelben hundes anlegen zu wollen. die nicht involvierten hundehalter nahmen ihre hunde an die seite und machten sich auf den weg.
abby war die ganze heimfahrt hindurch sichtlich erregt und bellt nun, seit wir zuhause sind, immer mal wieder zornig los - ohne irgendeinen ersichtlichen anlass. ob sie von dieser kampfszene träumt? ich fühle mich erbärmlich feige und frage mich, ob abby und ich nun dauerhaft aus unserem paradies vertrieben worden sind oder ob wir's morgen wieder wagen, dorthin zu gehen - am frühen vormittag, wo wir diese leute noch nie gesehen haben.