Hallo Ina!
Ich habe zwar bei weitem nicht soviel Hundeerfahrung wie viele andere hier, aber ich kenne Dein Problem.
Ich habe vor vielen Jahren einen 9jährigen RS-Rüden aus dem TH übernommen, der angeblich ein netter Familienhund sein sollte. Erst viel später habe ich erfahren, dass er ein Ex-DDR-Mauerhund war, der nach der Wende einen Betrieb bewachen sollte und dort nur Schwierigkeiten gemacht hat. Daher kam er ins TH. Was dem Hund vor dem TH alles passiert ist, war nicht zu erfahren, aber er hatte eine Augenverletzung, die unser TA auf Schläge zurückgeführt hat und die ihn später das Auge kostete. Soviel zur Vorgeschichte.
Nach etwa 3 Tagen problemloser Eingewöhnung fing das Drama an. Bis dahin hatte er nur Probleme damit, sich ins Halsband fassen zu lassen. Nando bezog den Flur, von dem alle Räume abgingen, und verweigerte jedem Menschen den Durchgang, dabei ging er einen richtig an und biss zu.
Dieses Problem haben wir gelöst, indem der Hund eine kurze Leine bekam, die nicht mehr abgenommen wurde. Er zog um auf einen von uns zugewiesenen Platz im WZ. Flur (wegen genannter Probleme), Küche (wegen Klauen und Beissen bei "Einmischung" unsererseits), Bad (wegen fataler Enge) und SZ (das kann sich jeder vorstellen, der nachts im Tiefschlaf von einem Riesen angegangen wurde) waren tabu.
Leider hat er auch sofort versucht in den Arm zu beissen, wenn die Leine stramm wurde ( ich meine kein Rucken, sondern Hund will wohin, die Leine wird stramm, weil man nicht mitgeht, Hund macht kehrt und beisst). Da haben wir das schlimmste über sehr weite Ärmel abgewendet (Arm schnell rausdrehen und einfach weitermachen, auch wenn der Hund gerade die Jacke zerfetzt).
Die ersten Monate habe ich mit Nando nur im eigenen Garten gearbeitet. Mit viel Lob und Leckerchen und nervenzerrender Geduld. Ich habe 2 Sommer nur lange Sachen getragen, weil die ständigen Verletzungen einfach zu übel aussahen... Später haben wir uns dann zu wenig frequentierten Zeiten nach draussen gewagt, schwierige Situationen erst mit viel Abstand trainiert, dann immer näher.
"Geholfen" hat mir mein TA einerseits durch wirklich gute Ratschläge und andererseits durch die Zusage, den Hund sofort einzuschläfern. Klingt hart, aber gerade dieser letzte Ausweg hat mich durchhalten lassen!
Weiterhin haben wir die Ernährung des Hundes stark verändert. Er bekam lange ein Futter mit nur 18% Rohprotein und relativ viel Fett.
Neben den üblichen Aktivitäten mit Hund bekam er 3 mal tägl.intensives Bewegungstraining (ca. 20 Min. aber richtig, also nach Aufwärmen Laufen am Rad auf möglichst höher Geschwindigkeit (lange nur nachts mögl.), Apportieren ca. 8 kg schwerer Buchenäste einen Steilhang hinauf, und Ballspielen im Fluß).
Ich habe anderthalb Jahre gebraucht, bis der Hund halbwegs normal war, aber es hat sich gelohnt! Einfach wurde er nie, aber man konnte gut zusammenleben
Ich habe sicherlich viel falsch gemacht, aber damals wollte kein Hundeplatz und keine Hundeschule helfen. Experten hätten sicher weniger Zeit gebraucht, aber der Hund ist bei uns 18 Jahre alt geworden, hat bis auf einen Einbrecher und uns nie jemanden verletzt und wir durften viel von ihm lernen!
Vielleicht ist irgendetwas für Dich dabei. Man kann es schaffen,aber versuch möglichst viel über die Vergangenheit des Hundes zu Erfahren, das hilft einem sehr!
Alles Gute!
Cinderella