Hallo Andrea,
da ich einen solchen Hund noch nie hatte, muss ich auch theoretisieren.
Ich sag mal, dass ein solcher Welpe, wenn er "nur" wie ein normaler Haushund gefördert wird, ganz schön anstrengend wäre. Einige seiner Anlagen würden sicher mit der Zeit verkümmern, wie bei allen Lebewesen, wenn die nicht gefördert werden. Einige wirklich vom Erbgut her stark verankerte Wesensmerkmale bleiben aber sicherlich immer vorhanden. Diese Anlagen "treiben" den Hund dann auch zu ganz bestimmten Handlungen. Als Beispiel nehme ich mal einen Herdenschutzhund. Wenn der in eine normale Familie kommt, wird die sicher bald keinen Besuch mehr bekommen und Spaziergänge arten zu purem Stress aus. Der Hund muss seine Veranlagung leben, er kann gar nicht anders und sucht sich in Ermangelung seines genetisch vorgesehen Betätigungsfeldes eine "Ersatzarbeit" und das heißt in diesem Falle, die Familie bewachen und stets zusammenhalten. Entfernt sich einer, wird er sofort zur "Herde" zurückgetrieben. So denke ich, dass auch unsere Hunde aus Leistungslinien Ersatzbefriedigungen suchen, wenn sie nicht entsprechend ihrer Veranlagung gefördert werden. Ich kenne einen Fall aus nächster Nähe, wo ein RS aus einer Leistungslinie in einen Bürohaushalt gegeben wurde, in dem er Publikumsverkehr aushalten musste, ansonsten aber überhaupt nicht gefordert und gefördert wurde und nur im Garten rumlümmelte und seine üblichen Spaziergänge bekam. Dieser Hund hat Frauchen im Büro an die Wand genagelt, so dass sie mit dem Handy Hilfe holen musste, er duldet keinerlei Widerspruch von irgendeinem Menschen (eigene Leute, Ausbilder auf dem Hupla), widersetzt sich auch dem kleinsten Befehl (wenn er aus der rechten Autotüre soll, will er zur linken hinaus und lässt da auch nicht mit sich reden) und ist zu guter Letzt seinenHF von hinten angegangen und hat ihn so verletzt, dass der ins Krankenhaus musste. Er hat einen sehr ausgeprägten Wehrtrieb, ist schnell und hart im nehmen - also der ideale Diensthund. Ein HF vom Zoll wollte diesen Hund haben, aber seine Leute wollten ihn nicht hergeben. Hätten sie es nur getan. Das wäre für die Menschen aber vor allen Dingen für den Hund ein Segen gewesen. Er hätte endlich seiner Bestimmung nach leben dürfen. Die gleichen Leute hatten davor einen RS aus reiner Haus- und Familienhundzucht und waren mit diesem Hund 10 Jahre glücklich und der Hund bei ihnen auch.
Ich denke, Spezialisten unter den Hunden, ganz gleich ob Jagd- Meute- Hüte- oder Leistungshund sollten nur in für ihre Ausbildung qualifizierte Hände gegeben werden. Alles andere ist in meinen Augen Quälerei für Mensch und Hund.
Grüße von
Rita