Hallo Verena,
tolles Thema
Darüber könnte man ja fast in philisophieren geraten. VORSICHT LANG!
Viele kennen ja die einschlägige Literatur zu dem Thema. Wenn ich die darin vertretenen Meinungen mit unserer "Hundepraxis" vergleiche, passt es nicht immer. Ich denke aber, man muss auch da zwischen den Zeilen lesen können, denn es sind oft Klitzekleinigkeiten, die das Verhalten vom Mensch zu dem einen oder anderen Hund unterscheiden.
Unsere Afra war z.B. eine echte Alphahündin (habe ich nach ihr auch nie wieder gehabt) mit der ganzen für diese Hunde typischen Würde und Eigenständigkeit. Trotzdem war sie mein Schatten, ohne jemals unterwürfig oder unselbständig zu sein. Ich denke, da gab es so etwas wie eine Seelenverwandtschaft. Diese starke Bindung gab es schon im Welpenalter und ist bis zu ihrem Tod mit 14 Jahren geblieben. Ihre Tochter Ayka war ein Hund ohne Meinung - kein Wunder bei der starken Mutter. Sie war unsicher und ein Eigenbrödler, trotzdem war sie kaum in meiner Nähe. Körperkontakt war ihr unangenehm. Vielleicht hat ihr auch ihre Mutter immer zu verstehen gegeben, dass sie das gefälligst zu unterlassen hat. Wenn das so war, hat sie das sehr diffizil gemacht, so dass ich es nicht bemerkt habe. Auch Ayka hat dieses Verhalten schon als Welpe gezeigt und beibehalten. Angie ist ein absoluter Frauchenhund - Herrchen sagt immer:" Ja, ja dein heiliges Frauchen." Wenn es ihr nicht gut geht, möchte sie am Liebsten in mich hineinkriechen und wenn sie ganz engen Körperkontakt hat, geht es ihr sofort besser. Wenn sie Wehen hatte, lag ich mit ihr auf dem Boden und sie hat sich fest an mich gedrückt. Zwischendurch musste sie mal schnell was essen (auch während des Kinderkriegens, hinten kam Welpe raus, vorne wurde Gulasch verspeist) und dann drückte sie sich wieder an mich, bis der nächste Welpe kam. Trotzdem ging sie auch mal jagen. Wenn der Rausch allerdings verflogen war, suchte sie ganz aufgeregt nach mir. Angie würde ich als Seelchen beschreiben, ohne ängstlich zu sein. Auch bei ihr hat sich das Verhalten im Welpenalter später nicht geändert. Tochter Enja ist fast wieder eine Afra, nur triebiger als die es war. Es gibt da eine kleine Geschichte, die zwar total "unhundelig" ist, aber es war so. Als ich noch überlegte, welche Hündin aus dem E-Wurf bei uns bleibt, sonderte sich Enja immer von ihren Geschwistern ab auf erhöhte Plätze und schaute mich unverwandt an. Diesen Blick spürte ich sogar, wenn ich nur in ihrer Nähe war und sie nicht anschaute. Sie war niemals aufdringlich, sie hat nur mit diesem intensiven Blick geschaut. Als die Welpen dann im Garten waren, hatten wir im Gitter eine Klöntür zum großen Garten hin offen, weil die Welpen noch zu klein waren, um da rüber zu klettern. An einem Nachmittag vermisste ich Enja im Welpenrudel und habe sie wie doll gesucht. An den Garten habe ich nicht gedacht. Ich stand dann am Gitter, und schaute in die Runde, da saß Enja im Garten an die große Kastanie gelehnt, und schaute seelenruhig zu mir rüber. Sie tobte nicht rum, sie spielte nicht, sie saß nur da und schaute mich an. Das kann man nun interpretieren wie man mag. Ich habe es so gedeutet, dass sie signalisiert hat - ich bleibe hier; und nun kommt etwas Seltsames - als ich mich entschlossen hatte, dass sie da bleibt, hörte das Schauen auf und auch die Ausflüge in den Garten
Diese starke Verbindung von ihr zu mir ist bis heute so geblieben. Nur wenn sie der Jagdtrieb übermannt, vergisst sie mich, aber danach sucht sie intensiv nach mir und ich habe das Gefühl, dass sie dann froh ist, wenn ich sie an die Leine nehme und sie nicht mehr jagen kann
Zwergi Korry hat eine Art, die ich bei all unseren Schnauzern nicht kannte. Sie ist einerseits kein Held und macht oft den Eindruck, dass sie das Leben als ganz schön gefährlich erachtet, andererseits ist sie kein Hund, der ständig an mir klebt. Auf Spaziergängen ist sie der große Zeitungleser und ihre Schnüffelei betreibt sie sehr ausgiebig. Dadurch sind die Entfernungen zwischen uns schon oft recht groß, weil ich ja nicht warte bis Madame geruht, endlich weiter zu gehen. So lange sie mich - auch in großer Entfernung - noch irgendwie wahrnehmen kann, kratzt sie das überhaupt nicht. Nur wenn ich nicht mehr zu sehen bin, kommt sie geflitzt. Wenn es brenzlig wird, versucht sie immer, mit der Situation alleine fertig zu werden, sie kommt nie sofort zu mir gerannt. Trotzdem ist für sie der schönste Platz auf Frauchens Schoß. Auch sie hat dieses Verhalten schon als Welpe gezeigt und beibehalten. Bindungsarbeit in dem Sinne, dass ich alle möglichen Übungen gemacht hätte, gab es bei uns nie. Ich habe mich immer als Chef verhalten der erwartet, dass seine "Untergebenen" in Aktion treten, um Bindung aufzubauen, habe mich meinen Hunden nie aufgedrängt und habe ihnen Sicherheit und Souveränität vermittelt. Meine Hunde waren im Haus nie ständig in meiner Nähe, sind niemals bei jeder Bewegung aufgesprungen oder hinterhergedackelt, wenn ich den Raum verließ und konnten und können auch heute noch sehr ruhig ihr Schläfchen weiter halten, wenn ich das Haus verlasse. Vielleicht sind sie darum auch so ruhig und ausgeglichen - selbst Zwergi Korry, von der immer wieder Zwergenbesitzer sagen, dass sie selten einen so ausgeglichenen Zwerg gesehen hätten (ich sehe das immer etwas anders - eben schnauzermäßig).
Fazit: Unsere Hunde haben sich im Welpenalter schon so gezeigt, wie sie auch später als Erwachsene wurden.
Grüße von
Rita