Unerläßlich ist die richtige Vorbereitung für die Arbeit mit der Wurfkette.
1. Der Hund muß gelernt haben, freudig und SCHNELL zu kommen mit Hilfe von positiver Motivation (Futter, Spieli).
1.1. Drängen für Futter
Für das Kommen mit Futter bereitet man den Hund folgendermaßen vor: Während man eins ums andere kleine Futterstückchen gibt – (Fleisch ist am besten in der Größe einer halben Erdnuß) läßt man sich vom Hund zurückdrängen. Am Anfang geht der Hund einfach nach, während man selbst rückwärts geht. Bald aber wird der Hund dreister und vor allem AKTIVER und fängt an, zu drängeln. Springen, tanzen usw., ist dabei nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Körperkontakt ist wichtig, nicht den Hund auf Armeslänge füttern.
Wichtig: Der HF beginnt die Übung und endet sie auch – nicht der Hund!! Die Anzahl der gegebenen Futterstücke ist variabel – mal gibt man 3 mal 15 (bei jedem Stück Futter sich einen kleinen Schritt zurückdrängen lassen.) Dabei mit dem Hund reden und streicheln. Nicht einfach wie ein Automat Futter in den Hund stopfen. Wenn der Hund den HF verläßlich nach hinten drängt und nicht von selbst weggeht, kann man die nächste Übung beginnen.
1.2. Raketenabruf
Ein Hilfswilliger (Hiwi) hält den Hund am Halsband oder Geschirr. HF zeigt dem Hund eine Handvoll Futter und RENNT dann weg. Hund soll ruhig tanzen und drängeln. Sobald der HF den Hund ruft, läßt der Hiwi ihn los. Hund wird nun wie eine Rakete zum HF schießen. WÄHREND Hundchen rennt, sollte der HF ihn mit Rufen und Klatschen anfeuern. Dann verfährt man wie in 1.1. Dies muß über Tage und Wochen hunderte von Malen wiederholt werden. Somit lernt der Hund nicht nur zu kommen, sondern wird konditioniert, sofort, schnell und direkt zu kommen. Wichtig: Diese Übung darf auf keinen Fall vom HF alleine ausgeführt werden, indem er den Hund ins Sitz oder Platz legt und dann abruft.
1.3. Rufen
Nach ca. 1 Woche Übens des Raketenabrufes ruft man jetzt- parallel zur obigen Übung - den Hund beim Spazierengehen . Dazu sucht man sich langweilige Spaziergänge ohne große Ablenkungen aus, wie z. B. andere Hunde, Wild usw. Zur Not kann man diese Übung auch mit Absicherung durch Flexi- oder Schleppleine machen. Man ruft den Hund NUR, wenn man einschätzen kann, daß er auch kommen wird. Und man ruft den Hund, wenn er von sich aus herankommt – immer! Man gibt dem guten Verhalten gewissermaßen einen Namen. Nichts ist schlimmer als immer wieder zu rufen, wenn der Hund nicht kommt. Damit wird dem Hund beigebracht: Wenn gerufen wird, mach was Du willst! Wir wollen aber Erfolg üben, nicht Fehlverhalten. Sollte der Hund nicht sofort kommen, dreht man sich um und rennt weg. Dabei schaut man über die Schulter — nicht einfach blöde ins Gelände laufen – und sobald der Hund Anstalten macht zu folgen, dreht man sich um und feuert den Hund an; dann wird er belohnt wie oben beschrieben.
Wenn all das klappt, und der Hund unter kleineren Ablenkungen zu 80 bis 90% gut kommt, ist der Hund gut vorbereitet. Im Zweifelsfall lieber einen Schritt zurück im Training, als etwas Neues anfangen. Ein Hund, der das Kommen durch positive Motivation richtig gelernt hat, kommt FAST immer freudig und schnell. In diesem Stadium liebt er es, zu kommen, weiß aber noch nicht, daß er immer kommen MUSS.
2. Absichern des Kommens mit Wurfkette
Als Wurfkette dient ein alter Kettenwürger, die Enden evtl. mit Gummiband zusammengefügt, der leicht in die Hand passen sollte und schwer genug sein sollte, daß er gut fliegt – und natürlich der Größe des Hundes angemessen sein muß. Ein Neufundländer braucht eine schwerere Kette als ein Zwergpinscher.
2.1. Mit Wurfkette in der Faust (nicht in der Tasche!) wartet man nun auf eine gute Gelegenheit für ein Nichtbeachten des Rufens. Vielleicht schnuppert der Hund intensiv an einem Busch, vielleicht steckt er bis zum Bauch in einem Mauseloch und nur der Po guckt raus. Man ruft nun GANZ LEISE und HINTER dem Hund stehend, denn der Hund darf nicht sehen, woher die Kette kommt!!! Hundchen wird wahrscheinlich erst mal ignorieren – oder in seiner Körperhaltung anzeigen: Jaja, ich komm ja gleich. Nun schleudert man dem Hund die Wurfkette an den Po und ruft noch einmal, aber nicht bölkend, sondern neutral. Sobald Hundchen sich umdreht – weil er erschrocken ist, nicht weil es weh tut – geht man in die Hocke und lockt Hundchen heran, streichelt es und heuchelt ihm Mitleid vor: “Armes Hundchen, hast dich erschrocken gell, das schreckliche Ding kam einfach aus der Luft geflogen wie Thors Hammer! Aber bei Frauchen bist du sicher.”
Erst nachddem Hundchen sich erholt hat und weitergeht, hebt man heimlich und OHNE Geklirre die Wurfkette wieder auf und behält sie in der Faust. Die nächste Gelegenheit die Kette einzusetzen kommt bestimmt, wenn auch nicht immer am selben Tag. Im Zweifelsfalle lieber nicht werfen. Da muß man schnell reagieren, wenn Hundchen sich plötzlich umdreht, darf nicht geworfen werden! Der Hund soll ja nicht sehen, woher das „Geschoß“ kommt. Hier darf nichts schief gehen!!
Bricht der Hund durch, oder verpaßt man eine Chance, einfach ignorieren. Die nächste Gelegenheit kommt bestimmt. Timing ist wichtig. Wenn der Hund z. B. ein Huhn jagen will, ist es am effektivsten, wenn die Kette SOFORT fliegt, praktisch noch, wenn der Hund den Gedanken faßt.
Typischerweise sieht das Wurfmuster etwa so aus: Am ersten Tag bekommt man zwei bis drei Gelegenheiten. Danach ist der Hund vorsichtig – und das ist ein erster Schritt zum Lernen. Man muntert den Hund auf mit Spieli.
Am 2. Tag bekommt man nur eine oder zwei Möglichkeiten, denn dem Hundchen dämmert es jetzt, daß eine höhere Macht am Werk ist. Nein – nicht Frauchen – Thor aus dem Himmel. Die Welt wird unsicher, wenn man Rufen ignoriert, aber man kann Sicherheit bei Frauchen finden.
Am dritten und vierten Tag ist meistens keine Wurfkette nötig - sie soll aber immer noch in Frauchens Faust bereit liegen.
Am 5. Tag probiert Hundchen noch einmal, was denn passiert, wenn er nicht kommt, und wird prompt belehrt.
Bei anfänglichen Spaziergängen ruft man den Hund immer wieder zurück und behält ihn so in einem Radius, in dem man auch werfen kann. Sollte der Hund diesen Radius durchbrechen, ruft man ihn nicht, wenn irgend möglich, sondern wartet auf eine bessere Gelegenheit. Der Hund darf nicht lernen, daß bei größerer Distanz nichts passiert.
In aller Wahrscheinlichkeit kann man die Wurfkette bei weiteren Spaziergängen griffbereit in die Hosentasche stecken und wird sie immer seltener gebrauchen – und zwar meistens auf neuem Gelände. Wenn der Hund generalisiert, daß Thors Kette überall fliegt (ca 10 verschiedene Gelände) wird man die Kette danach so gut wie nie mehr brauchen. Auf neuem Gelände muß der Hund auch zunächst den Wurfradius einhalten, den man sonst schon leicht erweitern kann.
2.2. Später, viel später, kann man auch einfach mit der Kette in der Tasche klirren, als Warnung, wenn Hundchen mal „vergisst.“ Hundchen denkt: „Oh, hier kommt Thors Wagen,“ und besinnt sich schnell eines Besseren.
2.3. Wenn das Abrufen klappt, dann macht man weiter indem man das Kommen gelegentlich mit Futter belohnt, und immer den Hund überschwenglich lobt. Danach darf er wieder laufen. Dieses Freisetzen - Triebbefriedigung - ist letzten Endes die größte Belohnung für den Hund. Man ruft auf einem Spaziergang viele Male und läßt den Hund danach wieder schnüffeln und spielen. Unter keinen Umständen nur dann rufen, wenn man ihn an die Leine legen will.
So, das war nun viel länger als Burziks Beschreibung, aber der setzt gutes Grundwissen voraus. Aus bitterer Erfahrung weiß ich, daß manche Anfänger auch die leichteste Übung vermurksen können.
Vera