Als verantwortungsbewusster Welpenbesitzer soll man den kleinen Hund an allerlei Situationen und Umgebungen gewöhnen, steht in den schlauen Büchern ( die manchmal sogar recht haben ), deshalb hab ich beschlossen, dass Lillemonster mal Bekanntschaft mit einem großen Einkaufszentrum machen soll, viele Menschen, viele Gerüche und ein bisschen Leinentraining kann ja auch nicht schaden….so dachte ich.
Frohgemut mache ich mich auf den Weg. Lilli, die Autofahren hasst wie die Pest, ist von der ersten Minute an nicht kooperativ.
Vor dem EKZ lasse ich mein Hundchen noch pieseln, damit wir trocken durch dieses Experiment kommen…so dachte ich.
Ich marschiere mit einem sehr aufgeweckten Kerlchen an der Leine in die heiligen Hallen des Kommerzes! Noch bin ich gelassen und voller Vorfreude, meine Gedanken schweifen ab und ich überlege, mir ein Beinkleid beim H&M oder C&A oder sonst einem 2buchstaben Laden zu holen….so dachte ich.
Als meine Gedanken wieder ins Hier und Jetzt driften, merke ich, dass mein linker Arm schon wieder wesentlich länger als der rechte wird – das Hundetier zieht wie ein Berserker. Also kurz korrigieren, Leckerchen ins Maul und weiter geht’s…so dachte ich.
Es ging NICHT weiter, weil Lilli jetzt einen kleinen Jack Russel Terrier erspäht hat und den nun mit einer Vehemenz ankläfft, die den Kristallluster, der dekorativ und funkelnd über unseren Köpfen schwebt, zum Klingeln bringt. Und mich in Verlegenheit. Flinken Schrittes entferne ich mich und meinen Hund aus dem Umkreis des Jackis, der nun seinerseits beginnt, wie ein Flummi an der Leine seiner Besitzerin zu hüpfen, hysterisch bellend…Die Frau wirft mir unfreundliche Blicke zu, aber was kann ich dafür, wenn sie ihren Hund nicht unter Kontrolle hat! Ich denke kurz darüber nach, ihr die Zunge zu zeigen, besinne mich dann aber auf mein gesetztes Alter und grinse sie nur höhnisch an.
Wir gehen weiter, Richtung H&M. Ich summe leise vor mich hin, weil das Lilli beruhigt. Vielleicht hab ich auch nicht ganz so leise gesummt, denn die Menschen rundherum beginnen, mir auszuweichen. Großräumig. Als ich das merke, versuche ich auch gleich noch ein bisschen verrückt auszusehen, denn ich empfinde es als äußerst angenehm, freie Bahn zu haben! Eine Mutter mit Kinderwagen und zwei kleinen Rotzlöffeln im Schlepptau wirft mir ängstliche Blicke zu und verschwindet verwirrt im Beate Uhse Laden ( diese jungen Mütter heutzutage!!!). Ich bin ein bisschen schockiert und übersehe dabei, dass Lilli soeben ein Bächlein installiert hat auf dem schön gebohnerten Plastikboden…ich schaffe es, ein bisschen rot zu werden und habe großes Glück: eine Putzfrau naht! Ich mache sie auf den kleinen See aufmerksam und bitte sie, den zu entfernen, damit keiner d’rauf ausrutscht. Warum sie mir einen derart bösen Blick zu werfen muss, kann ich nicht verstehen und leicht angesäuert setze ich meinen Weg fort. Dachte ich. Lilli verweigert plötzlich die Mitarbeit und will lieber leinenbeißenderweise ein bisschen herum hampeln. In die Leine beißen geht ja nun mal gar nicht, also versuche ich das zu unterbinden. Woraufhin mich mein kleines Monster ankläfft. Nun ist guter Rat teuer, denn schon wieder heften sich hunderte, gereizte Blicke auf mich. Ich stehe ja gerne im Mittelpunkt, aber das ist zu viel. Ich versuche es mit Ignorieren und flüchte ins das nächst beste Geschäft. Ahhh, eine Edelboutique. Hier sind wir so richtig, wie ein Goldfisch in den Anden. Als gleich stürzt sich eine unterbeschäftigte Verkäuferin, mit einer Make Up – Schicht im Gesicht, die mir für 2 Wochen reichen würde, auf mich. Sie fragt nach meinem Begehr und da ich meine Würde bewahren möchte, frage ich nach Jeans für mich, Größe 36. Sie zieht indigniert die rechte Braue hoch und fragt blöd: „Für SIE????“ Ich will gerade den Mund aufmachen und die gute Damen darauf hinweisen, dass der Kunde König ist und immer recht hat, als auch mein Hund den Mund aufmacht und der guten Frau das Frühstück, leicht anverdaut, vor die Füße legt. Irgendwie finde ich, sie hat grad recht gut klargemacht, was ICH von der Dame halte…das sag ich aber nicht laut, sondern tue so, als wäre es mir unendlich peinlich. Langsam sickert der flüssige Anteil der Bescherung in den hochflorigen Spannteppich. Wenn Blicke tatsächlich töten könnten, dann würde ich jetzt sofort mausetot umfallen unter den eisigen Blicken der, unter ihrer Schminkschicht blass gewordenen, Verkäuferin. Allerdings muss man ihr lassen, sie bewahrt ihre Contenance perfekt und als sie mich – samt Hund – aus dem Laden wirft, verzieht sie kaum eine Miene.
Irgendwie fühle ich mich, als ich wieder draußen stehe, ein bisschen deplaziert, deprimiert und derangiert und beschließe deshalb, das Experiment EKZ vorzeitig abzublasen! Und die Jeans, Größe 36, hole ich mir ein andermal – beim C&A oder H&M oder bei sonst einem 2buchstaben Laden…