Meine liebe Alta, mein Mädchen,
Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du
unwiderruflich für immer von uns gegangen bist. An dem Abend, als wir von dir
Abschied genommen haben, hat Nadja, die russische Tierärztin, Fenster geöffnet,
damit, wie sie sagte, deine Seele ins Freie kommen könnte. Als ich und Peter
auf der Terrasse im Garten gesessen und geweint haben, erschien auf dem Himmel
eine Wolke, deren Profil deiner, von uns so geliebten, Schnauze ähnelte, wir
schauten wie gebannt diese Alta-Wolke
und weinten. In den Moment war ich sicher, dass deine Seele tatsächlich in
Freiheit im Himmel war. Ich hatte keine Zeit mich mit Trauer um dich
auseinanderzusetzen. Am nächsten Morgen flog ich nach Kiew zu meiner Mutter und
deiner Züchterin, die von Krebs zerfressen war und im Sterben lag. Noch neun
Tage habe ich mit meinem Bruder sie gepflegt, da sie nicht mehr aufstehen
konnte, das war eine schlimme Zeit für sie und uns. Das wollten wir dir, meine
Alta, ersparen, du bist in Würde gegangen bevor der Krebs dich aus einer
stolzen Riesin zu einem hilflosen Wrack gemacht hat. Meine Mutter starb auf
meinen Händen… Als sie für immer ihre Augen geschlossen hat, habe ich an ihrem
Bett um sie und um dich geweint… Alta, meine stolze Prinzessin, du und meine Mutter, ihr seid nicht mehr da. Diese Unwiderruflichkeit lässt
mich aufschreien, ich kann und will es immer noch nicht glauben. Im Büro,
Zuhause sind überall deine Bilder, alles erinnert mich an dich.
Vor vielen Jahren starb meine Schäferhündin.
Das habe ich am Telefon erfahren und habe bitter geweint. Daraufhin hat mein
Mann gesagt, wenn meine Eltern mal Welpen haben sollten, mögen sie eine Hündin
für uns zurückbehalten. Als am 03.07.08 Dita ihre 8 Welpen zur Welt brachte,
warst du die letzte im Wurf und die kleinste von allen. Ohne lange
nachzudenken, hast du dich umgedreht und angefangen an Pipi deiner Mutter zu
saugen. Du warst zäh und hast es immer geschafft deinen Platz an der Milchbar
zu erobern. Das war der erste Riesenschnauzerwurf im Hause meiner Eltern, man
suchte nach A-Namen. Im August, an meinem Geburtstag habe ich meine Mutter aus
Norwegen angerufen, ich habe ihr immer zu meinem Geburtstag gratuliert, das war
ihr Verdienst und nicht meins, dass ich an dem Tag zur Welt kam. Ich rief aus
der Stadt Alta, die weit im Norden liegt. Und da es schon fest stand, dass du
zu uns kommst (Peter wollte die kleinste Hündin aus dem Wurf), bekamst du den
Namen Alta Norweg Iwalg. Leider mussten wir aber auf dich noch ein ganzes Jahr
warten, da in Hannover in Altbau im 4. Stock ohne Fahrstuhl und mit
Teppichböden in der Mietwohnung, wäre es nicht so einfach mit einem kleinen
Welpen gewesen. Aber in der Zeit haben wir auch angefangen zu bauen und du konntest
bald ins neue Haus miteinziehen. Vor 14 Jahren brachte meine Mutter dich mit
dem Zug nach Deutschland. Damals hast du Verlustängste entwickelt. Im
Zug durfte meine Mutter ihr Abteil nicht abschließen, da du immer in den Flur
geschaut hast, in der Hoffnung, dass mein Vater, der in Kiew zurückgeblieben
war, euch nachkommt. Diese Verlustängste hast du nie richtig überwunden. Da, in
Berlin am Bahnhofsgleis haben wir dich zum ersten Mal gesehen, genauer gesagt
zuerst gehört. Ich lief in Vorfreude auf dem Gleis in die verkehrte Richtung.
Und Peter sagte zu mir: „Falsche Richtung, Bellen kommt von der anderen
Richtung!“ Schnell hin, das typisch riesenschnauzer Gebell (eine Mischung aus
Bellen, Singen und Reden) wurde immer näher. Und da saßest du, angebunden an
einer Bank, während meine Mutter letzte Sachen aus dem Zug holte. Ich
streichelte dich, nannte per Namen, aber für dich war ich noch fremd, du hast
nur Richtung Zug Tür geschaut und geheult. Und die erste Zeit bist du meiner
Mutter nachgeweint, wenn sie auf die Toilette ging… Ich hatte so eine Angst,
dass du auch nach der Abreise meiner Mutter immer noch ihr nachtrauern wirst.
Aber meine Mutter fuhr weg und du hast sofort verstanden, dass dieses Haus dein
neues Zuhause sei.
Im letzten Jahr hast du mit uns letzte
gemeinsame Reise unternommen - wir
fuhren mit dem Auto in die westukrainischen Karpaten. Du hast es genossen, rund
um die Uhr mit uns zusammen zu sein und wir freuten uns, dass es dir so gut
geht.
Am 1. Oktober 2011 flog ich nach Kiew und
musste meine Mutter mit schwerer Anämie ins Krankenhaus bringen. Für mich
begann die Horrorzeit. Die Entfernung machte es nicht leichter. Bald habe ich
erfahren müssen, dass diese Anämie Folge eines Krebsleidens war und man kann
nichts mehr machen. Und am 1. Oktober veränderte sich auch dein Verhalten,
meine süße Alta. Als ob du immer noch mit unsichtbaren Bänden mit meiner
Mutter, bei der du zur Welt kamst und bis zum 1. Lebensjahr gelebt hast,
verbunden warst. Ab diesem Tag wurdest du richtig alt, seit Oktober gab es
keine Nacht, die wir durchschlafen konnten, zweimal die Nacht stand Peter auf,
um dich zu beruhigen, dich in den Garten zu lassen… Es strapazierte unsere
Kräfte, aber wir wollten immer noch glauben, dass es besser wird. Leider kam
Krebs dazu und vor Ostern nach einem langen Gespräch mit dem TA mussten wir
diese Entscheidung treffen. Ostern hast du mit uns verbracht, wir haben jede
Minute mit dir bewusst erlebt, schenkten
dir ganze Zeit und du durftest alles fressen, was du wolltest. Wir merkten
aber, dass dein Zustand sich
verschlechterte, im Körbchen war überall Blut von deinen von Krebs zerfressenen
Analdrüsen, du hattest Schmerzen beim Stuhlgang… Nach den Ostern bist du
gegangen, ich habe dich fest umarmt, geküsst, flüsterte ins Ohr, dass ich dich
liebe und dich nie vergessen werde… Du warst mein erster eigener Hund, mein
erster Riesenschnauzer, dank dir haben wir die dreijährige Sonjka, die auch wie
du aus der Zucht meiner Mutter stammte, dank dir ist Peter ein Riesenschnauzer
Verehrer geworden, dank dir hatten wir besonders schöne Urlaube verbracht,
viele tolle Menschen kennengelernt. Wir waren so stolz auf dich, schöne stolze
Alta, die sogar mit fast 15 immer noch so wenig graue Haare hatte. Ich spreche
oft mit dir und meiner Mutter, ihr vermisse euch… Danke, dass es euch gab und
in unserer Erinnerung lebt ihr immer noch weiter…