In den nächsten Tagen wärst Du 10 Jahre alt geworden. Diesen Tag mit dir gemeinsam zu feiern war mein großes Ziel, daß wir nun doch nicht erreicht haben. Gerade in diesen Tagen fällt es mir besonders schwer ohne dich zu sein. Ich vermisse dich so.
Doch wir hatten eine sehr schöne und bewegte gemeinsame Zeit.
Am Tag als ich dich kennenlernte wollte ich eigentlich nur auf einer Ausstellung nach den Züchtern meines zukünftigen Wunschhundes, einem pfeffer-salz-farbenen Riesenschnauzer, Ausschau halten. Doch es kam anders indem ich von dir, dem 9wöchigen schwarzen Riesenschnauzerbaby erfuhr, welches sich eine Augenverletzung zuzog und nun als besonderer Hund ein zu Hause suchte. Später stellte ein DOK-Tierarzt fest, daß du auf dem einen Auge praktisch blind warst.
Nach der Ausstellung fuhren wir zu deinen Züchtern und noch am selben Abend zogst du bei uns ein, bei einer Familie mit 4 Kindern und einer 2jährigen schwarzen Riesenschnauzerhündin namens Lady.
Deine Welpen- und Junghundzeit verbrachtest Du oft mit meiner ältesten Tochter, die dir die große weite Welt zeigte.
Ich nahm dich zur Rettungshundestaffel mit, wo du Menschen lieben lerntest, lerntest ihnen zu vertrauen - und dies fiel dir nicht leicht.
Auf dem Hundeplatz lerntest du das kleine 1x1 der Hundeausbildung. Wir gingen fährten, machten Schutzdienst. Wir fuhren auf Ausstellungen und zeigten dich dort stolz.
Mit 15 Monaten legten wir zusammen die Begleithundeprüfung ab. Später kamen dann VPG bzw. IPO 1 - 3, FH 1 und 2 und die IPO-FH als erfolgreiche Prüfungen dazu.
Gemeinsam betraten wir Neuland im Turnierhundesport und starteten dort auf Turnieren u.a. im Vierkampf. Du hattest dabei soviel Spaß, dass ich dich oft bremsen mußte - ich war viel zu langsam für dich.
Nachdem du als Therapiebegleithund geprüft wurdest gingen wir zusammen in Kitas, Schulen und ins Pflegeheim. Ich lernte dir zu vertrauen wie du mir vertrautest. Solange ich entspannt war konnte dich nichts erschüttern - sei es die Omi, die dir im Heimfahrstuhl auf die Rute getreten hatte oder die Kindergruppe die dich betatschte - du vertrautest, daß ich die Probleme für dich löste.
Dann kam die Zeit in der du mich beruflich begleiten konntest. Und da zeigtest du eine ganz andere Seite. Du warst für mich der ideale Wach- und Schutzhund im Sicherheitsdienst, hast dies immer wieder bewiesen.
So haben wir viel gemeinsam erlebt: von Fussballspielen bis Konzerten, Aktionärsversammlungen, Baustellen, Autohäusern oder Einkaufscentern. Ich erinnere mich an die kreischenden Tokio-Hotel-Fans, die du in Schach gehalten hast, die ungebetenen Gäste, die du gestellt hast nachdem sie den Stadionzaun überwunden haben, du hast die Angriffe durch den Messerstecher abgewehrt oder auch den mit Stahlkappenschuhen nach mir tretenden Angreifer, der dich dabei verletzte, aber nicht an mich heran kam.
Kam dann aber der Einsatzleiter oder ein Kollege zu uns, so warst du der liebste verschmuseste Hund, den man sich denken kann.
Ja, du warst der erste Hund, dem ich beibringen mußte zu akzeptieren, daß nicht immer geschmust wird. Wenn es nach dir gegangen wäre, so hätte alle dir das Fell wegstreicheln können, dich umarmen können - und es wäre nie genug gewesen. Du hast so gerne mit ganz viel Körperkontakt in meinem Bett geschlafen. Und auch das fehlt mir jetzt so sehr.
Wir haben gemeinsam deine diversen Scheinschwangerschaften und eine Gebärmuttervereiterung überstanden, jahrelang an deiner immer wieder aufgeschlagenen Rute herumgedoktert bis sie doch amputiert werden mußte. Nachden du auf der Fährte zusammengebrochen bist wussten wir um deine Herzprobleme und lernten damit klarzukommen dich doch öfters zu bremsen, weniger aktiv zu sein.
Doch dann kam der Krebs und nach einigen OP´s wollten wir die verbliebene Zeit geniessen und haben es getan.
Gemeinsam wollten wir deinen 10.Geburtstag feiern - nun wird es für mich ein Gedenktag an dich meine Zissimaus. Ich werde dich nie vergessen.
Dein Frauchen Heike
Evanger(20. Mai 2024, 08:42)
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