Hallo Susanne!
Zunächst einmal sei gesagt, dass der Kromi in keinster Weise überfordert war, sondern diese Wesenszüge immer und ständig an den Tag legt. Letztlich war er deswegen bei uns, und die ganze Geschichte war auch nicht auf diesen Tag beschränkt, sondern fand nur ihren Höhepunkt, nachdem der Kleine seit drei Wochen bei uns war.........!
Zwar zeigt der Hund immer Anzeichen einer Unsicherheit, die mit Aggression ausgeglichen wird, aber er war doch über einen langen Zeitraum hinweg führig, was er zuhause keineswegs ist. Ich führe das darauf zurück, dass er sehr wohl ein Rangordnungsproblem hat, das bei uns nicht in diesem Masse zum tragen kam, da er sich ein- und unterordnen mußte, was er nur widerwillig tat. Der soziale Abstand, den ich zwischen ihn und mich legen konnte, reichte allerdings nicht aus, um in dieser Situation das Recht zu haben, einzugreifen.
Ja, es stimmt, ich bin ein überzeugter Anhänger der Theorie der sozialen Rangordnung, allerdings bin ich ebenso der Meinung, dass Aggression damit nur sehr bedingt zu tun hat. "Hau ma deinen Hund aufe Schnauze, damit er weiß, wer hier der Boß ist"....? Nein Danke!
Es lässt sich sehr genau anhand der Lebensgewohnheiten der Rudeltiere (oder auch der Herdentiere) fesstellen, dass es Gesetzmässigkeiten gibt, an denen sich die Führung ausmachen lässt. Diese müssen die Menschen beherrschen, um mit ihren Hunden problemloser leben zu können. Nicht Aggression oder körperliche Stärke machen den Chef aus, sondern Intelligenz, die bei Problemen immer noch mal eine Lösung findet. Der Chef ist also der Intelligenteste - warum nur sind so viele Hunde Chefs in ihrem Rudel.......?
Neun Jahre Verhaltenstherapie, etwa 80% Erfolge, nur weil die Menschen nach einem Gespräch bereit sind, ihre Verhalten dem Hund gegenüber zu ändern, bestätigen mich in (nicht nur meiner...!) der Meinung, dass eine starke (nicht brutale, sondern intelligente) Führung dem Hund das Leben einfacher gestaltet, weil er nicht mit Aufgaben belastet wird, denen er nicht gewachsen ist. Die Rudeltheorie, die Askew in seinem Buch "Behandlug von Verhaltensproblemen bei Hund und Katze" (zwei Teile, da verschiedene Tiere) sehr deutlich beschreibt, gibt einen Leitfaden, der mir bei meiner Arbeit sehr geholfen hat. Wenn der Mensch versteht, WARUM er so handeln soll, weil es dem Hund nämlich im Kontext "Rudel" angeboren ist, dieses Handeln zu verstehen, steigert die Komplience und verschafft mir so die schon erwähnte hohe Erfolgsrate.
Es sei erwähnt, dass die beste Eigenschaft eines guten Rudelführers ein gutes Mass an Toleranz ist, die ihn veranlasst, eben nicht bei jeder Gelegenheit disziplinierend eingreifen zu müssen, und auch mal ein Auge zuzudrücken. Diese toleranten Ausnahmen allerdings zur REGEL zu machen, führt bei einer ganzen Reihe von Hunden zu totaler Verunsicherung und damit wieder zu Überforderung.
Die sind dann wieder meine Patienten - wenn sie Glück haben...., oder sie landen in einem Tierheim oder auf dem Tisch des Tierarztes...!
Der letzte Spruch ist dann ein tränenersticktes "...und dabei hatte es doch so gut, ich hab doch alles für ihn getan...!" Wieder ein Hund, der "zu Tode geliebt" wurde, weil man ihm ja seone Freiheiten lassen wollte.....
Es tut mir leid, ich habe einfach zu viel solch hundlichen Leidens gesehen, als dass ich da noch oberflächlich darüber nachdenken kann, ob es denn nun wirklich immer die Rangordnung sein muß...!
Stell Dir vor, um bei dem Kind zu bleiben: Ein fünfjähriges Kind, allein im dunklen Wald, und verantwortlich für das Wohl der Eltern......!
Genau so fühlen sich tausende von "führerlosen Hunden"......!
Liebe Grüße
Tom
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Je mehr ich über Hunde lerne, desto weniger verstehe ich die Menschen....