Hallo Elaine,
nun hab ich auch mal über den Artikel drüber geschaut.
Von Pferden verstehe ich herzlich wenig, obwohl ich sie liebe und einen guten Draht zu ihnen habe. Wie Chris schon sagt, sind Pferde Fluchttiere, Hunde nicht. Ob man sie nun hinsichtlich Dominanz, Alphatier und Rudelstrukturen vergleichen kann, wage ich zu bezweifeln. Bei Hunden habe ich eigene Erfahrungen in dieser Hinsicht gemacht und von dem Wissen schlauer Leute profitiert. Ich kann für mich nur sagen, dass meine Hunde nach einem Chef "gefragt" haben und sehr entspannt leben konnten, wenn sie einen hatten. Selbst unsere Leithündinnen unserer kleinen Gruppen haben "gefragt" und waren sehr froh, wenn wir Menschen für sie Entscheidungen getroffen haben. Innerhalb der kleinen Gruppen waren sie das Leittier und diesen Status haben wir auch immer anerkannt und unterstützt.
Leider wird von Menschen die Rolle des Leittieres oft mit Willkür, Gewalt und Unterdrückung belegt, was in Tiergruppen absolut nicht der Fall ist.
Es gibt einen sehr guten Film von Eberhard Trumler "Das Jahr des Hundes", in dem man wunderbar die Interaktionen eines Rudels beobachten kann. Es sind Gehegetiere, keine gänzlich freilebenden, aber das sind unsere Hunde ja auch in gewisser Weise. In diesem Film gibt es eine Szene, die mich immer wieder beeindruckt, wenn ich sie anschaue. Es gab Futter und zwei Rudelmitglieder bekamen an der "Beute" Streit. Der Leitrüde lag etwas oberhalb des Rudels und döste vor sich hin. Die beiden rangniedrigeren Rüden drohten mit komplett gezeigtem Gebiss, die Körperhaltung verhieß nichts gutes und die Töne wurden immer bedrohlicher. Eine ganze Weile reagierte der Leitrüde nicht, aber kurz bevor man das Gefühl hatte, dass es gleich knallt, stand er in aller Seelenruhe auf, ging von seinem kleinen Hügel runter auf die beiden wütenden Rüden zu, blieb kurz vor ihnen stehen, gab nur einen tiefen Laut von sich, schaute die Rüden unbeweglich an, dreht sich wieder um und legte sich in der gleichen Ruhe wie zuvor wieder auf seinen erhöhten Platz. Sofort hatten die beiden Rüden alle Kampfankündigungen eingestellt, jeder kaute an seinem Stück Fleisch herum und der Leitrüde döste weiter vor sich hin. Er hatte nur mit seiner Persönlichkeit und sehr präsenten Energie einen Kampf verhindert, der das Rudel geschwächt hätte. Genau das ist meine Vorstellung von der Funktion der Leittiere. Sie haben ein größeres "Wissen" über die wichtigen Funktionen und Zusammenhänge eines Rudels, sie haben eine starke Ruhe und große Präsenz. Sie sind von Körperbau und innerer Stärke her dazu geeignet, eine Leitfunktion zu übernehmen. Sie laufen beileibe nicht immerzu an der Spitze des Rudels, das tun sie nur, wenn es um Eigenschaften geht, die das Überleben der Gruppe sichern.
Nach den Beobachtungen namhafter Wolfsforscher sind die Leittiere fast immer ein Paar. Der Rüde macht das, wofür man Muskeln und Stärke braucht und die Hündin macht die "Kopfarbeit" und handelt nach ihren Instinkten ( wie im menschlichen Leben halt
). Wenn sie Welpen führt, hat sie das absolute Sagen und selbst der Leitrüde zieht den Kopf ein und hält sich fern bis sie die Erlaubnis erteilt, dass er in die Nähe der Welpen darf.
Ich denke schon, dass unsere Hunde eine Leitfigur brauchen. Nur sollten die Menschen mal gut überlegen, wie sie diese Funktion ausfüllen. Sie haben nun mal die Möglichkeit des abstrakten Denkens die sie nutzen können, für Hunde Leittiere zu sein, auch wenn sie einer anderen Spezies angehören. Nicht nur die Pferde sind uns körperlich überlegen, auch manche Hunde könnten einem Menschen das Lebenslicht ausblasen, wenn sie es wollten. Reduziert auf das bloße Sein sind wir Menschen nicht die großen Manitus, für die wir uns oft halten.
Grüße von
Rita