Hallo Andrea,
ein Thema zum
Hunde sind die einzigste Tierart, die sich dem Menschen im laufe der Evolution so angepasst. Geht man von den Überlieferungen und den Forschungen und Ergebnissen der Geschichtsforscher aus, waren die Vorfahren unserer Haushunde zunächst einmal nur da. Sie haben mit den Menschen zusammen gelebt nicht ohne egoistischen Hintergrund. Sie bekamen Abfälle der menschlichen Ernährung zu fressen, ohne sich groß dafür anstrengen zu müssen, hatten ein warmes Plätzchen und wurden später ihrer Veranlagung gemäß als Wach- Jagd - oder Verteidigungshund eingesetzt. Das waren die Anfänge der Selektierung auf die Spezialisten unter den Hunden. Diese ganz frühen "Haushunde" wurden noch nicht angebunden, sie blieben freiwillig bei den Menschen oder eben nicht.
Ein ähnliches Leben führen heute die Hunde der Berber in der Stadt. Ich habe mich mal mit einem von ihnen unterhalten, weil mich interessierte, wie sie ihre Hunde erziehen, die ja allesamt super "gehorchen". Ich bekam zu hören, dass sie ihre Hunde eigentlich gar nicht erziehen. Einer sagte zu mir:" Er kann sich entscheiden, ob er bei mir bleiben will. Haut er ab, soll er gehen. Will er bleiben, ist er MEIN Hund und teilt MEIN Leben mit mir." Diese Hunde sind 24 Stunden mit ihren Menschen zusammen. Bekommen immer zuerst etwas von der gerade vorhandenen Nahrung, frieren mit ihren Menschen zusammen (wobei meisten die Hunde in Decken gewickelt sind und die Menschen frieren), hungern, wenn es nicht anders geht - aber sie sind ZUSAMMEN - und das FREIWILLIG!
Ich denke, dass das größte Bedürfnis der Hunde das nach Nähe ist. Nicht nur die rein körperliche Nähe, sondern eine innere Verbindung, die weit über das Körperliche hinaus geht. Diese Verbindung hat auch das Hündchen in der Boutique, dem es völlig schnurz ist, ob es ein Diamantenkollier oder einen Strick um den Hals hat. Die Äußerlichkeiten sind rein menschliche Bewertungen - und Geschmacksache. Wenn ein Berber ein pinkenes Halsband geschenkt bekommt, wird er es seinem Hund anziehen, wenn er kein anderes hat. Das verändert und mindert in keinster Weise die innere Verbindung zu seinem Hund und das ist es, was für den Hund wichtig und hundegerecht ist. Allerdings verändert das auch nicht die Einstellung des Berbers zu seinem Hund. Er wird für ihn weiterhin der verlässliche Seelenpartner bleiben, ohne das Wesen Hund zu vermenschlichen.
Was können wir nun in der modernen Gesellschaft (der sich unsere Hunde ja nun auch wieder angepasst haben, weil sie es einfach können) für unsere Hunde tun, damit wir ihnen als eigenständiges Geschöpf gerecht werden? Wir können z.B. darauf achten, uns eben keinen (vom Menschen kreierten und gezüchteten) Spezialisten ins Haus zu holen, ohne ihm sein Betätigungsfeld bieten zu können. Es geht keinem Lebewesen gut, wenn es entgegen seiner Bestimmung leben muss. Wir können darauf achten, was uns der Hund anbietet und ihn entsprechend fördern und beschäftigen. Es geht mit Sicherheit keinem Hund gut, wenn er ums Verrecken wie blöd über einen Agiparcour gehetzt wird, obwohl er viel lieber einfach nur im Wald Bäume umpinkeln möchte. Es geht ihm auch bestimmt nicht gut, wenn er sich seine Gebeine beim Frisbee verrenken soll, obwohl er viel lieber einen spannenden Spaziergang mit schwimmen und mäusebuddeln machen möchte.
Meine Korry hat zwar die BH geschafft (weil Frauchen das so wollte), aber ich habe erkannt, dass die Kleine damit absolut nicht glücklich ist, jedoch beim Suchen und Stöbern von Gegenständen geradezu aufblüht und mit Volleifer bei der Sache ist. Also gibbet keine BH mehr, sondern das Mäusi darf den kleinen Rüssel zu seinem großen Vergnügen benutzen.
Ich denke, wenn wir auf die Bedürfnisse unserer Hunde schauen und wirklich sehen, dass SIE bei der Befriedigung dieser glücklich sind und nicht der Mensch, ist schon ein guter Schritt in eine gute Haltung und damit in ein für den Hund lebenswertes Leben getan.
Wir können ja nun in unserer zivilisierten Welt, in der die Hunde nun mal mit uns leben, nicht jedem ihrer Bedürfnisse Rechnung tragen. Meiner Enja kann ich nun mal nicht ihre größte Passion - das Jagen - erlauben. Da sind mir in der Beachtung der Bedürfnisse meines Hundes eindeutig Grenzen gesetzt. Dafür kann sie aber eine andere Passion - in Frauchens Nähe sein und kuscheln - reichlich ausleben
Zurück zum Ausgangspunkt - artgerechte Haltung. Sollten wir da wirklich generell den Maßstab des frei auf dem Bauernhof lebenden Hundes anlegen? Meine Korry würde auf so ein Leben pfeifen und mir erklären, dass ich gefälligst selber auf meine Klamotten aufpassen, in der Scheune Mäuse suchen und die Schafe einsammeln soll - siehe zwei Absätze höher.
Grüße von
Rita