Hallo Gaby,
ich kann deinen Zorn gut verstehen. Ich hatte durch die Vereinsarbeit längere Zeit Kontakt sowohl mit Schäferhunden als auch mit Staffis und Co.
Ich musste vor keinem der Hunde Angst haben - wenn der Mensch seiner Aufgabe im Zusammenleben mit ihnen gerecht wurde.
Ich habe einen Schäfer kennen gelernt, bei dem man in der Gruppe seine Finger in der Tasche halten musste, sonst fehlte einer. Dieser arme Kerl lebte in einem Zwinger auf dem Hupla (damals durfte das noch sein), wurde zweimal am Tag für 15 Minuten ausgeführt und "durfte" auf dem Platz arbeiten. Bei einer Prüfung ist dieser Hund im Sommer bei über 30° Hitze nicht über die (damals auch noch erlaubte) Steilwand gegangen. Als die Prüfung zu Ende war, hörte man den Hund im nahen Busch schreien, weil er für seine Missetat verdroschen wurde. Der Hundeführer hat dann von drei anderen Kollegen die gleiche Dresche bekommen. Dieser arme Hund hatte keinerlei Möglichkeiten, Kontakt mit anderen Menschen und Artgenossen zu pflegen. Es war zum heulen. Aber kaum jemand gab dem bescheuerten Hundeführer die Schuld, immer war es der Hund.
Eine andere Geschichte von einer Schäferhündin. Wir wurden gebeten, ihr im Urlaub ihrer Menschen Futter zu bringen. Dazu wurden wir eingewiesen, denn man konnte an diese Hündin nicht ran. Sie bekam ihr Futter in einem Eimer, der an einem Seil in den Zwinger gelassen und wenn er leer war, wieder herausgezogen wurde.
Nach drei Tagen war der Zwinger zugesch...., es stank zum Steinerweichen und Charlie und ich nahmen uns vor, mit der Hündin etwas zu versuchen. Ich setzte mich vor den Zwinger und redete unaufhörlich mit leiser, freundlicher Stimme mit ihr. Ich erzählte irgend einen Quatsch immer weiter mit der leisen Stimme. Die Hündin kläffte und wütete in einer Tour. Nach 20 Minuten hörte sie mal kurz auf zu keifen und horchte auf meine Stimme. Nur für ein paar Sekunden, aber ein Anfang war gemacht. Am nächsten Tag das gleiche Spielchen, aber sie wurde immer ruhiger und hörte mir zu. Am dritten Tag bellte sie nicht mehr, wenn wir an den Zwinger kamen und lehnte sich an das Gitter. Ich wurde mutiger und versuchte vorsichtig, ihr Leckerchen zu geben. Sie nahm es, bellte aber sofort wieder los. Am nächsten Tag sagte sie gar nichts mehr und ihre Rute bewegte sich vorsichtig. Ich konnte am Zwinger hin und her laufen und sie regte sich nicht mehr auf. Nun wollten wir versuchen, unseren Plan in die Tat umzusetzen. Ich nahm den Beißkorb, Charlie machte die Zwingertüre auf, ich schob ihr ganz schnell den Beißkorb auf den Kopf, Charlie hat sie von hinten gehalten und ich konnte den Beißkorb schließen. Das Ganze musste natürlich sehr schnell gehen. Es klappte, ich nahm die Hündin an die Leine, ging mit ihr ins Gelände und Charlie machte derweil den Zwinger sauber. Ich war natürlich angespannt bis in die Haarspitzen und darauf gefasst, dass die Hündin mich jeden Moment angehen könnte. Vor den Zähnen war ich ja geschützt, aber es war eine sehr große und kräftige Hündin und sie hätte mich schon auch mit Beißkorb verletzen können. Ich lief also mit sehr kurzer Leine und mehr als wachsam mit ihr durchs Gelände und nach ein paar Minuten schaute sie mich unverwandt an, setzte sich hin und tat nichts weiter. Ich entspannte mich ein wenig. Wir gingen noch ein Weilchen spazieren, die Hündin löste sich und machte überhaupt keine Anstalten, mit mir Krach anzufangen. Für diesen Tag hatten wir schon sehr viel erreicht. Ich brachte sie zurück in den, inzwischen blitzsauberen Zwinger, ich konnte ihr den Beißkorb abnehmen (gaaanz schnell), sie in den Zwinger schieben und sie sagte nicht einen Ton.
Am nächsten Tag wartete sie schon ungeduldig auf uns und zeigte so etwas wie Freude. Wieder machten wir die gleiche Prozedur - Türe auf, ganz schnell Beißkorb drauf, Leine dran und los ging es ins Gelände. Nach zehn Minuten schaute die Hündin mich an mit einem Blick, der mich fast zum Heulen brachte. Ich sagte:"Blacky, sollen wir das doofe Ding abnehmen?" Sie schaute mich weiter ununterbrochen an und in diesem Blick war nichts bösartiges. Ich traute mich, nahm die Leine ganz kurz und entfernte den Beißkorb. Ich holte tief Luft und war auf alles gefasst. Aber was machte Blacky? Sie rieb ihren Kopf an meinem Bein, schaute mich wieder mit diesem besonderen Blick an und trabte los. Wir gingen noch eine halbe Stunde spazieren - und den Beißkorb brauchten wir nie wieder.
In den nächsten Tagen hat sie sich nicht mehr im Zwinger gelöst und wartete schon ungeduldig darauf, mit mir raus zu kommen. Ich konnte mit ihr schmusen und sie freute sich ein Loch in den Bauch. Nach weiteren drei Tagen trauten wir uns, sie im Auto mit an den Rhein zu nehmen. Wir wussten ja nicht, wie sie auf andere Hunde reagiert und nahmen vorsichtshalber den Beißkorb wieder mit. Er war überhaupt nicht nötig. Andere Hunde interessierten sie überhaupt nicht, sie sah nur uns und war selig. Zwei Tage später konnte ich sie bürsten und ihr die Ohren sauber machen. Sie war ein total anderer Hund geworden. Wir verbrachten viel Zeit mit ihr und irgendwann wollte sie nicht mehr in ihren Zwinger zurück.
Wir konnten sie aber nicht mit zu uns nehmen, weil wir zu der Zeit noch eine kleine Wohnung hatten, in der Hundehaltung nicht erlaubt war.
Als nach 4 Wochen ihre Leute zurück kamen, war ich gerade damit beschäftigt, Blacky die Ohren zu reinigen. Ich stand über sie gebeugt und sie zwischen meinen Beinen. Ihr Besitzer bekam fast einen Anfall und schrie:"Um Gottes Willen, was machen sie da? Gehen sie von dem Hund weg, sonst passiert ein Unglück." Ich grinste ihn nur an und machte weiter. Er setzte sich erst mal auf seinen Hintern und verstand die Welt nicht mehr. Der nächste Kommentar war:"Nun haben sie mir den Hund versaut."
Blacky musste weiter in ihrem Zwinger leben, aber wir durften sie besuchen. Sie ließ weiterhin niemanden an sich ran, nur wir durften sogar in ihren Zwinger kommen, sie füttern und mit ihr schmusen. Sie starb ein halbes Jahr später.
Ihr Besitzer kaufte sich einen Rotti, an den wir nicht dran durften. Sein Kommentar:"Sonst versauen sie mir den auch wieder."
Obwohl das alles viele, viele Jahre her ist, werde ich beim Schreiben noch traurig, wenn ich an Blacky denke
Die bösen Geschichten über die bösen Hunde sollte man besser manchen Menschen hinter den Hunden zuschreiben.
Grüße von
Rita