Hallo Andrea,
ich sehe das ähnlich wie Gaby. Meutehunde sind verträglicher mit Artgenossen (müssen sie ja auch sein), als Einzelkämpfer. Es wurde bei der Zucht ja auf diese Eigenschaften selektiert.
Unsere Schnauzer- und Pinscher- Rassen hatten in erster Linie die Aufgabe zu wachen und Raubzeugschärfe zu zeigen. Da war gutes Meuteverhalten nicht gefragt. Zu dieser Zeit wurden die sanfteren Hunde erst gar nicht in die Zucht eingesetzt. Ich kenne noch Schnaupis, für die man einen Waffenschein gebraucht hätte. Als die Hunde immer mehr Teil unserer Gesellschaft wurden und immer enger mit dem Menschen zusammen lebten, konnte man solche "biestigen" Hunde nicht mehr gebrauchen und es wurden etwas sanftere Hunde gezüchtet. Was meiner Meinung nach dann total übertrieben wurde, weil ein umgänglicheres Wesen leider oft mit sehr starker Zurückhaltung und auch Ängstlichkeit verwechselt wurde. Bei einigen Hunden tanzten die total gegensätzlichen Veranlagungen, natürliche Schärfe und an gezüchtete Zurückhaltung, Samba und diese Hunde wurden sehr leicht zu Angstbeißern.
Zusätzlich kam dann unglücklicherweise der Ehrgeiz vieler Züchter dazu, die Schnaupis immer schöner (was immer das auch sein mag) zu züchten und dabei blieb das Wesen leider allzu oft auf der Strecke. Das erleben wir ja leider zur Zeit bei den Riesen in den reinen "Schönheitslinien" und den reinen Gebrauchshundlinien und zwar in beide Richtungen. Auch die Pinscherleute - wenn sie ehrlich und kritisch genug sind - können davon ein Lied singen.
Diese unterschiedlichen Zuchtziele bringen zwangsläufig total unterschiedlich veranlagte Hunde hervor. Einige Zwergschnauzerzüchter, die mehrere Farbschläge züchten, haben mir gesagt, dass die ZSss leichter im Rudel zu halten sind als die ZSs und die ZSps. Sie haben diese Erfahrung immer wieder gemacht. Bevor nun einige Züchter schreien, dass das bei ihnen nicht so sei - klar gibt es auch da wieder Unterschiede - siehe oben.
Ich selbst hatte mit Angie eine sehr sanfte und verträgliche Zuchthündin (sie lebt noch, ist aber aus der Zucht
), die mit Mensch und Tier niemals aneinander geriet. Kinder können mit ihr alles machen und sie hat Geduld ohne Ende. Das sie dieses Wesen auch stark vererbt hat, habe ich mich bei zwei Würfen mit ihr getraut, einen Rüden aus einer der "alten" Linien einzusetzen. Alle Nachkommen schlugen nicht ganz nach dem Vater - logisch - aber einige sind so veranlagt, dass man schon hundeerfahren sein muss, um mit ihnen zurecht zu kommen. Sie sind klasse Hunde für den Menschen, der mit ihnen umgehen kann, aber ich hätte sie nicht jedem unerfahrenen Neuling in der Hundehaltung in die Hand drücken können. Meine Enja hat da den Vogel abgeschossen - darum habe ich sie auch behalten
Enja habe ich mit einem Rüden verpaart, der zwar nicht mehr ganz so das Wesen der "alten" Linien hat, aber schon ein "richtiger" Schnauzer ist. Bei diesen Nachkommen dominiert wieder das etwas umgänglichere Wesen von Angie, aber der Opa schaut schon ab und an um die Ecke. Würde nun mit dieser Generation weiter gezüchtet, müsste auch da auf eine Verpaarung mit einem Partner geachtet werden, der nicht unbedingt aus den "alten" Linien stammt, will man nicht wieder auf dem Weg sein, irgendwann wieder "Schnauzer mit Waffenschein" zu haben. Das ursprüngliche Wesen der Schnauzer - selbständig, nicht sehr kooperativ und nicht so ganz ohne - setzt sich sehr schnell wieder durch, ist aber in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr erwünscht und es gibt auch nicht mehr so viele von den Menschen, die mit einem solchen Hund umgehen können.
Nu muss ich mich langsam bremsen
, sonst wird das hier zu lang.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei unseren Schnaupi-Rassen sehr unterschiedlich veranlagte Hunde gibt, bedingt durch die Selektierungen in der Zucht, aber der "alte" Schnaupi immer mal wieder um die Ecke lugt.
Grüße von
Rita