Hi Andrea,
Antwort: Ja und Nein. Gell, das war jetzt aufschlußreich?
Erklärung: Natürlich bringt jeder Hund genetisch programmiertes Verhalten mit, das man z. T. nur wenig und oft gar nicht dauerhaft ändern kann. Und jeder Hund ist ein Individuum. Deswegen taugen Hundeausbildungsbücher ja im Allgemeinen auch nichts. Aber der Hund ist auch genetisch mit 'offenen Programmen' ausgestattet, und diese können durch Lernen verändert werden. Manchmal muß man um das Programm eines Hundes herumarbeiten und nicht versuchen, mittendurchzuwaten. Damit meine ich, der direkte Weg ist nicht immer der richtige. Sehr oft läuft die Lösung eines Problemes für uns Menschen gegen unsere Intuition:
Hundchen zieht - wir halten dagegen. Nun lernt der Hund, noch mehr zu ziehen. Ist ja nicht schlimm, aber manchmal unangenehm.
Hundchen klaut oder nimmt unappetitliche oder gefährliche Gegenstände auf (und was man aufnehmen kann, kann man meistens auch kauen und schlucken) und wir sprinten wie die Bekloppten hinterdrein — Gibste das jetzt her, das darfst Du nicht haben! — und, da Hundchen nicht blöd ist, erfindet er jetzt Wege, wie er seinen Besitz trotzdem behalten kann oder schnell runterschlucken kann. Und man hat dann so ganz nebenbei noch einen Vertrauensverlust geschaffen. (Wir wurden in der Schule bestraft, wenn wir Kaugummi kauten. Was denkst Du, wie schnell wir schlucken lernten??)
Hundchen will nicht kommen - man rennt hin und schimpft und grabscht nach dem Hund - Kommen sollst Du! - und natürlich rennt der Hund das nächste Mal weg oder tanzt eine Armes Länge entfernt um einen herum. (Eigentlich sollte man in die Gegenrichtung dem Hund weglaufen.)
usw.
Wichtig ist immer in der Hundeerziehung und im Aufbautraining (und eigentlich auch meistens danach) daß man eine Situation von beidseitigem Gewinn schafft. Der Hund überläßt mir den Stein, die verschimmelte tote Maus oder die Zigarettenkippe und er bekommt ein tolles Leckerle. Beide Seiten gewinnen, das Vertrauensverhältnis bleibt intakt.
Und ich sage es zum 1000sten Mal: Nichts ist wichtiger in der Erziehung des Hundes als das vertrauensvolle Herankommen. Nichts. Und da muß man sich halt manchmal die Schlachten aussuchen, und nicht alles auf einmal wollen. Es ist ganz normal, daß es einem mal in den Fingern kribbelt und man dem Hundchen gerne eine Lektion erteilen würde, um das Problem ein für alle Mal zu lösen. Das ist aber meistens der falsche Weg. Man muß einfach versuchen, dem Hund gute GEWOHNHEITEN beizubringen, wie einem kleinen Kind. Das dauert ziemlich lange und bedarf vieler Ermahnungen und Wiederholungen. Dem Kind fummelt man ja auch nur im Notfall im Mund rum, und man haut ihm nicht auf die Hände und reißt ihm das Delfter Porzellan in einem Wutausbruch weg. Es dauert lange, gute Gewohnheiten zu entwickeln, aber dann sind die auch fast in Stein gemeißelt - die schlechten leider auch!
Klar machst Du Fehler. Der Hund überlebt die, und auch die Vertrauensbasis wird in den meisten Fällen nicht nachhaltig zerstört (außer, wenn der Besitzer richtig doof ist, und das soll ja auch vorkommen).
Beim nächsten Hund machst Du andere Fehler. Das ist normal. Beim 5. Hund machst Du immer noch Fehler, aber nicht mehr so viele.
Happy Training
Vera