Beim Stöbern im Internet habe ich noch eine kleine Geschichte gefunden, die mich berührt hat. Zum einen hat mich der Inhalt berührt aber zum anderen haben mich auch die Personen und die Hunde berührt, die ich, bis auf den Autor kennen und schätzen lernen durfte. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn ich nicht auch die Hauptperson um die es hier geht, die Dogge Markus, persönlich erleben durfte. Wenn auch die Namen in der Geschichte verändert wurden, es wird eine ganze Reihe Portalmitglieder geben, die ebenfalls erkennen um welchen Zwinger und welche Personen es sich handelt.
Ich habe mit dem Verfasser der Geschichte Kontakt aufgenommen, erteilte mir mit folgendes mit:
Nach der Veröffentlichung von zwei meiner Tiergeschichten in einer Anthologie bei Reader's Digest schreibe ich gerade an einem Jugendbuch, dessen Held ein blinder Mittelschnauzer ist. Auch dies
Geschichte hat einen wahren Hintergrund. Es war unser eigener Hund.
Markus
Eine Doggengeschichte
Meine Frau und ich waren bei Frau Hainle zum Abendessen eingeladen. Frau Hainle betrieb mit ihrer Freundin Hanna auf einem ehemaligen Mustergut eine Hühnerfarm mit Freiland- und Bodenhaltung. Damit verdienten beide ihren Unterhalt. Ihre große Liebe aber gehörte der Zucht von Mittelschnauzern und Deutschen Doggen, und in diese Passion floss sicher auch ein Großteil des aus der Hühnerfarm erwirtschafteten bescheidenen Überschusses. Lieber verschenkten sie einen Rassehund, geimpft und mit Stammbaum, in ein gutes Haus, als dass sie einen Welpen in zweifelhafte Hände verkauften. Sie fuhren sogar bis nach Holland und Frankreich, um sich vom Wohlbefinden der von ihnen abgegebenen Hunde zu überzeugen und kauften auch schon einmal einen aus schlechter Haltung zurück.
Natürlich drehte sich auch an diesem Abend das Gespräch fast ausschließlich um Hunde und andere Tiere auf dem Hof. Um den Kaltblüterwallach Harras zum Beispiel, den Frau Hainle vom Schlachthof mitgebracht hatte, als sie Fleischabfälle für ihre 25-köpfige Meute eingekauft hatte. Vom Schlachthof stammte auch die Kuh Herta, die nun Frischmilch für die Welpen lieferte.
Und schließlich sprachen wir über Lilli, die alte gelbe Dogge, die mit acht Jahren noch einmal Mutter geworden war. Für eine Dogge ist das schon ein nahezu biblisches Alter. Der ganze Wurf bestand dann auch nur aus einem einzigen Rüden, und da sie nicht einmal für dieses eine Junge Milch hatte, kümmerte sie sich instinktiv gar nicht erst um ihn. Natürlich hatten Frau Hainle und Hanna versucht, ihm die Flasche zu geben, doch er hatte sich beharrlich geweigert, auch nur einen Tropfen zu trinken. Es war hoffnungslos, und Frau Hainle meinte, dass er die Nacht wohl nicht überleben würde.
„Wo liegt er denn?“ fragte meine Frau. „Soll mein Mann einmal versuchen, ihm die Flasche zu geben? Er hat oft eine glückliche Hand in solchen Dingen.“
Ich fand diesen Vorschlag sehr kühn. Wie sollte mir gelingen, was den in der Aufzucht junger Tiere so erfahrenen Frauen nicht geglückt war? Trotzdem stellte Hanna sofort die Milchflasche ins warme Wasserbad, und kurz darauf war ich auf dem Weg zum Pferdestall, wo ich in einem mit Heu und einer Wolldecke ausgepolsterten Korb die vor sich hin wimmernde Hand voll Dogge vorfand. Ein Bild des Jammers. Natürlich nahm er auch von mir die Flasche nicht an. Es war wirklich hoffnungslos. Trotz des warmen Wetters fühlte er sich an wie ein Frosch. Wenn ich ihm schon nicht helfen konnte, so wollte ich ihn doch wenigstens ein wenig wärmen und steckte ihn kurzerhand unter mein Hemd. So saßen wir eine ganze Weile. Der Hautkontakt schien ihm gut zu tun. Er hatte aufgehört zu weinen. Ich spürte, wie er sich langsam erwärmte und lebendiger wurde, und, während ich ihn leise streichelte, spürte ich auf einmal seine winzige Zunge auf meiner Haut. Er schleckte mich ab. Suchend glitt sein Schnäuzchen über meinen Körper. Bot sich hier vielleicht doch noch eine Chance?
Ich benetzte meine Haut mit warmer Milch, und zu meiner unbeschreiblichen Freude leckte er sie auf. Das klappte auch beim zweiten und dritten Versuch, und als ihm dann nach mehreren Wiederholungen schließlich den Nuckel ins Mäulchen schob, trank er die ganze Flasche gierig leer. Dabei konnte ich zusehen, wie sein kleiner Bauch sich langsam rundete, und ohne mich dagegen wehren zu können, heulte ich vor Freude los wie ein Schlosshund.
Ich wartete noch einige Zeit, bevor ich zum Wohnhaus zurückging. Man musste mir meine Gemütsbewegung ja nicht unbedingt ansehen. Den Kleinen hatte ich sorgfältig eingepackt, damit er warm blieb. Eine Zentnerlast war von mir abgefallen. Jetzt konnte er es schaffen. Am liebsten hätte ich ihn ja mitgenommen. Doch das war aus vielerlei Gründen nicht möglich.
Zurück in der Wohnung erntete ich ungläubige Blicke, als ich die leere Flasche vorwies. Ich musste berichten. Hanna versprach mir, den Kleinen zu sich ins Zimmer zu nehmen und ihn spätestens um 6 Uhr morgens wieder zu füttern. Danach wollte ich mich erkundigen, wie es ihm geht. Es kam aber nicht dazu. Um 7 Uhr klingelte unser Telefon. Markus, so hatte man ihn inzwischen getauft, verweigerte wieder sein Fläschchen. Ob ich nicht auf dem Weg zur Arbeit vorbei kommen könne. Natürlich konnte ich, und zum Erstaunen aller Beteiligten nahm er von mir die Flasche an, als hätte er sie schon sehnlich erwartet. Mittags rief mich Frau Hainle im Verlag an. Es sei ihr ja äußerst peinlich. Aber sie wisse sich wirklich nicht zu helfen. Also setzte ich mich ins Auto und fuhr wieder zum Geflügelhof, um Markus zu füttern. Auf dem Heimweg vom Verlag fuhr ich erneut vorbei und dann noch einmal am späten Abend. Das ging über eine Woche so. Dann kam die erlösende Nachricht, dass Markus nun auch von Frau Hainle und Hanna die Flasche nahm.
Markus wuchs zu einem stattlichen Doggenrüden heran, dem man seinen schwierigen Start ins Leben nicht mehr ansah. Er wurde nicht verkauft, flippte bei jeder Begegnung mit mir total aus, und unsere Freundschaft hielt ein ganzes Hundeleben lang.
Das Foto, das ich aus einer Zeitschrift entnommen habe, zeigt den Zwinger sowie eine ihrer Doggen und einen ihrer Schnauzer.