Hallo Kerstin,
was du schreibst über die Obdachlosen gibt es sicher. Aber es geht auch anders, was ich über die Organisation, der ich ein wenig helfe, immer wieder erfahre. Das Klischee des saufenden, zu nichts bereiten Obdachlosen stimmt absolut nicht immer. Oft haben diese Leute den Glauben an die Menschheit und Institutionen, die ihnen helfen könnten, verloren. Manchen sind wirklich schlimme Dinge passiert, die ihnen jeglichen Halt genommen haben. Es ist niemand da, der sie an die Hand nimmt und das versucht die Organisation hier zu erreichen.
Hier ein kleiner Auszug aus ihrem Jahresbericht und die Beschreibung eines Einzelschicksals, dass bei weitem kein Einzelschicksal ist:
"In der Regel dauert es längere Zeit bis sich die Ratsuchenden, die unser Betreuungsmobil aufsuchen, öffnen und über ihre Probleme sprechen. Hierbei spielt der ungezwungene Erstkontakt bei einer Tasse Kaffee eine wesentliche Rolle und ist in der Regel die Grundlage für weitere Kontakte. Jeder Mensch, der unser Betreuungsmobil aufsucht, wird in seiner Persönlichkeit angenommen und akzeptiert. Dies führt dazu, dass sich oft auch die Menschen offenbaren, die das Vertrauen in bestehende, professionelle soziale Hilfssysteme verloren haben."
Peter (Name geändert) hat als Bäckermeister in fester Anstellung nach 15 Jahren durch den Verkauf der Bäckerei seinen Job verloren. Er schaffte es noch, sich einige Monate durch Hilfsarbeiten bei einem Abbruchunternehmen über Wasser zu halten. Doch schließlich schlug alles über ihm zusammen. Er verlor seine Wohnung und wurde obdachlos. Aus Scham verließ er seine Heimatstadt Duisburg, zog durch NRW und lebte von dem, was er in Mülleimern fand, über Pfandflaschen zu Geld machen konnte oder was ihm gutmütige Menschen zusteckten. Nach 7 Jahren kehrte er dann nach Duisburg zurück. Mitglieder unseres Vereins fanden ihn dann in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand in einer Tiefgarage in der Innenstadt, wo er sein notdürftiges Lager aus Zeitungen aufgeschlagen hatte. Hier ist es insbesondere der Unterstützung eines sehr motivierten Mitglieds unseres Vereins zu verdanken, dass Peter seine sehr umfangreichen, persönlichen Probleme regeln konnte und er auch wieder eine Wohnung fand."
Dank der Organisation schläft kein Obdachloser hier in der Stadt in kalten Winternächten auf der Straße. Sie werden alle in Unterkünften versorgt und die nicht von sich aus dort hin gehen (was nicht mehr viele sind), werden eingesammelt und dort hin gebracht. Die Organisation konnte in der letzten Zeit zwei Wohnungen für Obdachlose einrichten, die nun weg von der Straße sind, und zwei alte Obdachlose konnten in einem Seniorenheim untergebracht werden, wo sie ihren Lebensabend verbringen konnten - und auch wollten - sie mussten nicht alleine auf der Straße sterben.
Das Alkoholproblem gibt es hauptsächlich bei Obdachlosen aus den osteuropäischen Ländern. Denen ist schwer zu helfen, weil sie in Regel keine Papiere haben, unsere Sprache nicht sprechen und auch selbst nicht mitwirken wollen, ihre Situation zu verbessern. Hilfsangebote, sie unter Betreuung in ihr Heimatland zurück zu bringen, werden fast immer abgelehnt.
Um wieder die Kurve zu den Hunden zu bekommen - der Chef der Organisation hier hat mir gesagt, dass Obdachlose mit Hunden viel verantwortungsbewusster und kooperativer sind, als die ohne Hunde. Die Hunde geben ihnen Wärme und seelischen Halt. Sie sind die besten Sozialarbeiter. Dafür werden sie von den Obdachlosen umsorgt und gut gehalten. Wir Anke schon schreibt, sind die Hunde oft der letzte Halt für diese Menschen.
Die Organisation hier wird übrigens von Diplom Sozialarbeitern im Ruhestand geführt und viele Helfer sind Streetworker. Sie alle kommen aus der Szene, wissen worum es geht und sind keine Idealisten mit dem Kopf in den Wolken.
Sorry,das war jetzt ein wenig am Thema vorbei, aber es war mir ein Bedürfnis, das hier rein zu schreiben.
Grüße von
Rita